Richtungswahl

Wer nach dem Studium in den ersten Job einsteigt, muss sich meistens recht bald entscheiden: Mitarbeiter führen, Experte werden oder Projekte managen? Stab oder Linie? Ausland oder Inlandsjob? Die Palette der Möglichkeiten ist groß, die Entscheidungen fallen selten leicht. Jobguide hat sechs renommierte Personal- und Unternehmensberater um Ratschläge für eine sinnvolle Karriereplanung gebeten. 

Wie offensiv muss ich meine Karriere planen und angehen?
Jürgen van Zwoll, Odgers Berndts
on: Wenn Sie wissen, was Sie beruflich wollen, dann sollten Sie Ihr Ziel durchaus konsequent verfolgen. Dabei dürfen Sie aber Ihr berufliches Umfeld nicht außer Acht lassen. Beispielsweise ist Ihr berufliches Fortkommen in einem Unternehmen, in dem viel Politik betrieben wird, trotz fachlicher Höchstleistungen nicht zuverlässig planbar. Auch Ihr jeweiliger Vorgesetzter hat maßgeblichen Einfluss auf Ihre Karriere. Nicht zuletzt, wie überall im Leben, spielt der Zufall eine gewisse Rolle. Diesem sollten Sie den Verlauf Ihrer beruflichen Laufbahn natürlich nicht vollständig überlassen. 

Empfehlenswert ist, Vorgesetzte und Schlüsselpersonen im Unternehmen positiv auf sich aufmerksam zu machen. Dies können Sie beispielsweise tun, indem Sie bewusst ein herausforderndes Projekt übernehmen und so die Chance zur Profilierung über Ihre reguläre Tätigkeit hinaus nutzen. Wichtig ist auch, regelmäßig das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten zu suchen und – nicht nur im jährlichen Zielvereinbarungsgespräch – aktiv Feedback einzufordern. Schließlich ist ein gutes Netzwerk innerhalb des Unternehmens hilfreich. Das sollten Sie frühzeitig aufbauen und systematisch pflegen. Günstig ist ein Fürsprecher oder „Mentor“ aus der Personal­abteilung oder aus dem Top-Management, der Ihre berufliche Weiterentwicklung am besten fördern kann.

Wie oft kann ich meinen Job wechseln, ohne dass es meiner Vita schadet?
Sven Hennige, Robert Half International:
Als Faustregel gilt: Generell ist ein Wechsel alle drei bis fünf Jahre möglich, ohne negativ aufzufallen. Dabei ist zu beachten, dass mit zunehmender Berufserfahrung eher längere Verweilzeiten im Unternehmen erwartet werden als zu Beginn der Karriere. Mehrere Wechsel unter zwei Jahren würden jedoch immer hinterfragt werden.

Generell sind die Motive für den Wechsel immer wichtig; optimalerweise lässt der Lebenslauf eine klare Linie erkennen. Aber auch eine lange Zeit in einem Job kann zum Problem werden: Jemand, der über Jahrzehnte im selben Unternehmen gearbeitet hat, ist nicht mehr vermittelbar.  

Eigentlich wollte ich jetzt den nächsten Karriere­schritt tun und mich weg bewerben. Da würde ich mich aber derzeit auf Kompromisse einlassen müssen. Ist das ratsam?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consul­tants:
Jede Fach- und Führungskraft ist gut beraten, die „Lebenslaufhygiene“ zu erhalten und diese nicht durch berufliche „Übersprungshandlungen“ zu beeinträchtigen. Ein in sich stimmiger Lebenslauf ist das Fundament für eine positive Karriereentwicklung. Daher kann es sinnvoll sein, in der aktuellen Position „auszuharren“ und den nächsten Karriereschritt zu verschieben.

Strategische Karriereentwicklung kommt einem Schachspiel gleich. Bei jedem Zug müssen bereits die weiteren Spielschritte und Reaktionen des Gegenübers bedacht werden. Es ist daher wenig ratsam, im Lebenslauf „Projektionsflächen“ zu schaffen, erklärungsbedürftige Schritte und kurze Betriebszugehörigkeiten auszuweisen. Letztlich muss alles stimmen: die Qualität und das Renommee des Arbeitgebers, die eigene Positionierung im Unternehmen und der konkrete Tätigkeitszuschnitt.

Jede neue Position ist die Plattform für den nächsten beruflichen Entwicklungsschritt und sollte daher Sprungbrett und nicht Sackgasse sein.

Die Gründe für den Wechsel müssen auch für den externen Betrachter eines Lebenslaufes sofort erkennbar sein. Dabei ist zu bedenken: In künftigen Bewerbungsverfahren muss ein Lebenslauf intelligent quer gelesen werden können. Die Entscheidung über Absage oder Bewerbungsgespräch fällt häufig in einer Minute der oberflächlichen CV-Bewertung. Ein stringenter Lebenslauf ist daher das höchste Gut in der sinnvollen Gestaltung des beruflichen Aufstiegs. Hier lohnt es sich, wählerisch zu sein. Künftige Arbeitgeber sind es auch! 

Woran erkenne ich, dass der Karrierezug in meinem Unternehmen abgefahren ist?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consul­tants:
In diesem Kontext ist es von großer Bedeutung, sechs Aspekte stets im Blick zu haben:
a) die Unternehmensentwicklung,
b) die Entwicklung des Geschäftsmodells,
c) die personelle Entwicklung auf den ins Visier genommenen Führungsebenen,
d) das persönliche Verhältnis zu den Entscheidern,
e) die Signale der Wertschätzung, die von Managementseite erfolgen und
f) die persönliche Vorbereitung und Flexibilität.

Erstens sollte also bewertet werden, ob die Unternehmens- und Ertragsentwicklung eine tragfähige Basis für eine weitere Karriereentwicklung bietet oder ob bereits ein „Management von Schrumpfung“ eingesetzt hat, das berufliche Optionen stark einschränkt. Zweitens muss die Frage beantwortet werden, ob die Entwicklung des Geschäftsmodells kompatibel ist mit dem eigenen Qualifikations-, Kompetenz- und Erfahrungsprofil, das heißt das Koordinatensystem des Unternehmens kann sich sukzessive in einer Weise verschieben, dass man sich selbst plötzlich am Rande oder gar außerhalb dieses Koordinatensystems wiederfindet. Damit rutschen Stelleninhaber zügig vom inneren auf die äußeren konzentrischen Kreise der gefragten Kompetenzprofile und werden im besten Fall nur noch „mitgeschleppt“ und nicht mehr als Werttreiber angesehen.

Drittens: Wenn die nächste Führungsebene, für die der Kandidat sich vorbereitet hat und interessiert, mit einem Kandidaten besetzt wird, der jünger, im gleichen Alter oder geringfügig älter ist, kann der nächste Karriereschritt auf Jahre versperrt sein. Ergeben sich keine Entwicklungsoptionen in anderen adäquaten Positionen, in Tochtergesellschaften oder im Ausland, sollten externe Alternativen erwogen werden.

Viertens muss das persönliche Verhältnis zum direkten Vorgesetzten und seinen „Peers“ realistisch bewertet werden. Wo stehe ich auf der personellen Prioritätenliste? Habe ich insgesamt eine „gute Presse“ im Unternehmen und damit ausreichend Fürsprecher für den nächsten Entwicklungsschritt oder ergeben sich aus einem indifferenten oder einem eher angespannten Verhältnis karrierebegrenzende Faktoren. Selbst bei leisen Zweifeln sollte gehandelt werden.

Fünftens wird diese interne „Konjunkturbewertung“ bezüglich der eigenen Person durch Ausprägungen von Respekt und Wertschätzung abgerundet. Sind diese Signale klar und überzeugend und erfolgen sie in einer gewissen Verdichtung und Regelmäßigkeit, ist dies ein sicheres Indiz dafür, dass der Name auf der Beförderungsliste ist und bleibt.

Sechstens: Bin ich selbst auf den nächsten Karriereschritt fachlich und persönlich vorbereitet, besteht ein realistisches Selbstbild? Bin ich räumlich mobil, um auch im Ausland oder an einem anderen Inlandsstandort auf die nächste Führungsebene zu wechseln? Der eigene Lebensentwurf und die damit verknüpften Standortentscheidungen können ebenso ein begrenzender Faktor sein wie ein Stillstand im Wissen und Wollen. 

Muss ich unbedingt eine Führungsaufgabe anstreben, um weiter aufzusteigen?
Martin Hofferberth, Towers Perrin:
Vor allem in größeren Unternehmen, insbesondere solchen mit starken Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, haben sich mittlerweile neben der Managementkarriere auch Experten- und Projektmanagement-Laufbahnen entwickelt. Mit diesen alternativen Entwicklungspfaden ist die fachliche Führung von Mitarbeitern verbunden. Das bedeutet: Ziele setzen und Arbeitsergebnisse beurteilen – und das dann je nach Ausprägung auf Team-, Abteilungs- und Bereichsebene.

Eine klassische Sonderform der Fachlaufbahn ist die Projektarbeit. Beispielsweise leitet ein Produktmanager in der Pharma-Industrie ein Team von Forschern, die ein Medikament zur Produktreife führen. Was zu tun ist und wie es passiert, verantwortet der Experte.

In der Regel entscheidet er auch noch mit, wer Team- beziehungsweise Projektmitglied wird. Die disziplinarische Verantwortung aber, also Themen wie die Einstellung von Mitarbeitern und Gehaltsgespräche, liegt dann allein beim disziplinarischen Manager.

Expertenlaufbahnen reichen meistens nicht so weit wie Managementkarrieren. Spätestens ab der Bereichsleiterebene ist eine Trennung von fachlicher und disziplinarischer Verantwortung kaum mehr möglich. „Experten“ auf Vorstands­ebene sind absolute Seltenheit, wobei Ausnahmen denkbar sind, zum Beispiel wenn ein Software-Unternehmen einen Technologie-Guru oder ein Mode-Konzern einen Trend-Master im Board führt. 

Was bedeutet die Entscheidung für eine Fach- oder Führungslaufbahn für die weitere Qualifizierung zum Spezialisten oder Generalisten?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consultants:
Ein Experte, der nicht primär in der Linienlaufbahn aufsteigen will, muss sich seine Wettbewerbsdifferenzierung, seinen internen und externen „Marktwert“ durch fachlichen Tiefgang in einem bestimmten Thema erarbeiten. Hat ein Kandidat eher Führungsambitionen oder strebt nach gesamtunternehmerischer Verantwortung, muss er an der Erfahrungsbreite und seinen General-Management-Qualitäten arbeiten. Das heißt im Kern für ihn: immer wieder ins kalte Wasser springen, sich auch grundlegend neuen Aufträgen stellen, Führungsaufgaben ausweiten, strategische Projekte steuern und sich im Wechselspiel zwischen verschiedensten Unternehmensbereichen von Stabsstellen wie Unternehmensentwicklung oder -steuerung bis zu operativen Stellen wie Marketing und Vertrieb bewähren. Daraus ergibt sich „fundiertes Generalistentum“.

Um die Weichen für die eigene berufliche Entfaltung immer wieder richtig zu stellen, ist ein realistisches Selbstbild wichtig, und dies sollte mit professioneller Unterstützung entwickelt werden: Sind Sie eher eine rein inhaltlich motivierte Fachkraft oder ein „geborener Leader“, der gerne Menschen und Unternehmen führt und Karriere als „Weg an die Spitze“ versteht? Beide Persönlichkeitsprägungen und Motivationen haben ihren Wert und bieten Entwicklungschancen. 

Gibt es Vergütungsunterschiede zwischen Fach- und Managementkarrieren?
Martin Hofferberth, Towers Watson:
Die ersten Karrieresysteme für Fachexperten, die in Unternehmen im Einsatz waren, waren unter finanziellen Gesichtspunkten wenig attraktiv. Das hat nicht nur dazu geführt, dass die Laufbahn nicht sonderlich gefragt war, sondern auch, dass die Wertschätzung von Fach-Managern im Unternehmen deutlich unter jener für die Managementpositionen lag.

Das hat sich mittlerweile geändert. In der Regel liegt heute die Vergütung in einer Fachposition entweder auf dem Niveau einer Managementkarriere oder mit durchschnittlich rund zehn Prozent nur leicht darunter. Als Faustregel kann man sich merken: Je weiter oben in der Hierarchie angesiedelt, desto größer fallen die Vergütungsdifferenzen zwischen Fach- und Führungsposition aus.  

Mein Unternehmen ist als Matrix organisiert. Was bedeutet das für mich und meinen Job?
Sven Hennige, Robert Half International:
Ein matrixorganisiertes Unternehmen zeichnet sich durch einen ganzheitlichen Ansatz und einen vernetzten Aufbau aus. Dieser modernere Managementansatz steht für eine synergetische Unternehmenssteuerung und bedeutet für die Mitarbeiter eine große Durchlässigkeit sowie ein hohes Maß an Kommunikation und Informationen. Der Vorteil für Sie als Arbeitnehmer besteht darin, dass Managementpositionen interessanter sind als in herkömmlich linienorganisierten Unternehmen mit klaren Hierarchien und Zuständigkeiten, da Sie mehr Gestaltungsfreiraum haben.

Gleichzeitig bestehen in matrixorganisierten Unternehmen aber aufgrund des „Information overload“ häufig Missverständnisse bezüglich der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten und es fällt teilweise schwer, richtige Prioritäten zu setzen. Letztendlich entscheidend ist allerdings, wie die Organisationsform gelebt wird und welcher Typ Sie sind: Fühlen Sie sich im „kreativen Chaos“ wohl oder bevorzugen Sie klare Aussagen über Ihren Aufgabenbereich und nehmen dafür gern auch längere Entscheidungswege in Kauf? 

Verläuft die Karriere in einer Stabsstelle anders als in einer Linienposition?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consul­tants:
Anders schon, aber nicht unbedingt schlechter. Das Engagement im Stab, beispielsweise in der Unternehmensentwicklung oder in der -steuerung, hat durchaus attraktive Facetten: die Nähe zum Top-Management, die inhaltliche Breite auch im Tagesgeschäft. Man ist in strategische Projekte eingebunden, wirkt aktiv an den strategischen Planungen mit, ist im Unternehmen sichtbar. Allerdings ist die Aufgabe in diesem Kontext eher beratend und entscheidungsvorbereitend: Es wird erhoben, analysiert, gewichtet und empfohlen. Daraus resultiert eine mittelbare Einbindung in Entscheidungsprozesse, nicht aber die Verankerung in einer Entscheiderposition, und sei es im mittleren Management.

In den klassischen Linienpositionen gibt es klare Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume zum Beispiel durch Budget-, Personal- und Ressourcen-Verantwortung, die die Unternehmensentwicklung direkter beeinflussen und gar ausrichten. In der unternehmensinternen Gewichtung bringen Stabspositionen – bei realistischer Betrachtung – im Regelfall weniger auf die Waage als Linienpositionen mit entsprechendem Verantwortungsrahmen, insbesondere, wenn sie Ergebnisverantwortung haben. 

Was bedeutet es für meine Karriere, ob ich für einen Konzern oder einen Mittelständler arbeite?
Martin Hofferberth, Towers
Perrin: Weder das eine noch das andere ist per se schlechter oder besser. Es gibt grundsätzliche Unterschiede in der Unternehmensorganisation und -kultur, die jeder vor seinem individuellen Hintergrund kennen und einordnen muss. So sind im Konzernumfeld die Hierarchien in der Regel feiner gestrickt, was einen stärkeren Abstimmungsbedarf nach sich zieht. In mittleren und kleinen Unternehmen kommt dagegen eher der Macher zu seinen Chancen – was nicht heißt, dass es keine Hierarchien und ein damit verbundenes Denken gibt. Aber die inhaltlichen Spielräume sind hier oft größer. Allerdings sind im Konzern Auslandseinsätze oft leichter zu verwirklichen. Im Mittelstand gibt es für Mitarbeiter, die nicht auf eine Managementlaufbahn aus sind, eher die Möglichkeit, sich im Rahmen von Fachkarrieren zu entwickeln.

Mit Blick auf die Vergütung liegt das Einstiegsniveau für Berufsstarter bei großen Mittelständlern und Konzernen mittlerweile auf einer Höhe, aber bei mittleren Unternehmen muss man  mit fünf bis zehn Prozent geringeren Einstiegsgehältern rechnen. Und hier steigt dann auch im Professional-Bereich über die Jahre hinweg die Gesamtvergütung nicht so stark.

Im Konzern hingegen legt der Anteil der variablen Vergütung und damit das Chance-/Risiko-Potenzial im Laufe des Berufslebens schneller und deutlicher zu. Konzerne weisen in der Regel ein etwas großzügigeres Portfolio an Nebenleistungen auf – etwa Altersversorgung, Bahntickets, Handy- oder Dienstwagen-Regelungen. Kleine und mittlere Unternehmen punkten dagegen durch das soziale Umfeld, kurze Wege und so weiter.  

Ich arbeite bei einem kleinen Unternehmen und würde gerne den Sprung in eine große Firma schaffen. Ist das noch sinnvoll? Und: Wäre ein Wechsel von groß nach klein leichter?
Nelson Taapken, Ernst & Young:
Entscheidend ist, dass Sie sich in die unterschiedlichen Firmengrößen und die damit einhergehenden Strukturen hineindenken. Und Ihre Motivation für einen Wechsel in eine größere Firma muss Ihnen klar sein. Die üblichen Gründe sind meist Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, Internationalität, eine interessantere Kundenbasis, betriebliche Benefits und natürlich bessere Verdienstmöglichkeiten. Vergessen wird dabei oft, dass jede Medaille zwei Seiten hat: In großen Unternehmen gibt es ausgeprägtere Hierarchien und größeren Abstimmungsbedarf, längere Entscheidungsprozesse, mehr Administration und interne Machtspiele. Außerdem sind Sie stärker auf Fürsprecher und Förderer angewiesen und die eigene Leistung ist nicht mehr unmittelbar erkennbar.

Der individuelle Beitrag am Arbeitsergebnis ist überdies häufig kleiner, weil Sie in übergreifenden Teamstrukturen arbeiten. Wenn Sie bereit sind, diese Rahmenbedingungen wirklich anzunehmen, ist der Wechsel sicher eine gute Option.

Ob der Wechsel von einem Konzern in ein kleineres Unternehmen sinnvoll ist, hängt sehr stark davon ab, unter welchen Bedingungen man diesen vollzieht. Soll man beispielsweise als Nachfolger des Eigentümers mit Übernahmeoption aufgebaut werden, dann bieten solche Wechsel viele Gestaltungsspielräume mit einer attraktiven Perspektive. Bei einem Wechsel von einem großen zu einem kleinen Unternehmen sollten Konzernführungskräfte jedoch bedenken, dass es keine Stabsfunktionen, Assistenten und Referate gibt und selten Unterstützungsfunktionen akzeptiert werden. Führungskräfte im Mittelstand müssen  generalistischer agieren, näher an allen Mitarbeitern sein, häufiger kommunizieren und im Idealfall regional verankert sein. 

Wie lang darf Arbeitslosigkeit dauern, bevor sie sich negativ auf die Karriere auswirkt?
Martin Hofferberth, Towers
Perrin: In wirtschaftlich schlechteren Zeiten nicht sofort eine Stelle zu finden, ist per se kein Makel. Allerdings reicht es nicht, vor potenziellen Arbeitgebern allein die wirtschaftliche Lage als Schuldigen für die eigene Situation zu benennen. Wichtig ist, aktiv zu bleiben, sich umzuschauen, um das eigene Ziel zu kämpfen – und dies glaubhaft belegen zu können. Wer sich beispielsweise über Angebote, die nicht unmittelbar der angestrebten Traumposition entsprechen, weiter in seinem beruflichen Kontext bewegt oder die Zeit für eine Aus- oder Weiterbildung nutzt, wird eher früher als später davon profitieren. Denkbar ist auch, aus der Not eine Tugend zu machen, und sich bewusst für fremde Pfade zu entscheiden, zum Beispiel über eine freiwillige soziale Tätigkeit.

Arbeitgebern ist allerdings wichtig, dass die betreffenden Entscheidungen einem Ziel folgen, sei es die Stärkung der eigenen sozialen Kompetenz, die Verbesserung von Sprach- und Kulturkenntnissen et cetera. So kann die Wartezeit bis zu einem Jahr dauern, ohne dass sich dies negativ auf die Karriere auswirken muss. Am Ende zählt immer das verkäuferische Argument in eigener Sache: Was habe ich mit welchem Ziel und welchen Ergebnissen für mich und/oder andere getan? 

Sollte ich angesichts zäher Jobsuche lieber auf eine Promotion, einen MBA oder ähnliches „ausweichen“?
Sven Hennige, Robert Half International:
Generell gilt, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit gut genutzt werden können, um den eigenen „Marktwert“ durch den Erwerb neuer Kompetenzen zu steigern. Und natürlich ist es verlockend, eine langwierige und zähe Jobsuche gegen eine Weiterbildung „einzutauschen“.

Doch sollten Sie sich vor einem solchen Schritt genau überlegen, ob sich die Promotion oder der MBA auch wirklich auszahlt. Möglicherweise wäre auch eine fachliche Weiterbildung hilfreich – zumal diese häufig nicht so viel Zeit in Anspruch nimmt.

Als Entscheidungshilfe kann Ihnen ein Karriere­plan dienen. Hier notieren Sie, welche Positionen Sie lang-, mittel- und kurzfristig anstreben und welche Qualifikationen dafür nötig sind oder mit welchen Abschlüssen Sie als überqualifiziert gelten würden. Nach dieser Analyse dürfte die Entscheidung recht leicht fallen und sich später nicht als teure Fehlinvestition herausstellen.  

Würde ich mir mit Aushilfsjobs „als Notlösung“ die Vita kaputtmachen?
Jürgen van Zwoll, Odgers Berndtson:
Für Berufsanfänger, die nicht sofort ihren Traumjob finden, gilt dies als berufliche Orientierungsphase und schadet dem Lebenslauf keinesfalls. Bei gestandenen Managern dagegen ist so was  im Hinblick auf die Vita nicht zu empfehlen. Sie sollten die Zeit zwischen zwei Stellen besser mit seriösen Beratungsmandaten oder Interims­projekten überbrücken, für die ausschließlich Manager mit mehreren Jahren Berufserfahrung in Frage kommen. Nicht selten ergeben sich darüber auch neue, berufliche Perspektiven. 

Ist es ein Unterschied in Sachen Karriere, ob mein Unternehmen sein Headquarter in Deutschland oder im Ausland hat?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consul­tants:
Da gibt es sicherlich einen Unterschied. Im ersten Fall ist das „Herzzentrum“ des Unternehmens im Lande, so dass die Leitplanken auch für das eigene Tun vor Ort gesetzt werden. Je nach Karriereentwicklung kann wesentlich stärker auf den eigenen Aufstieg und auf die Unternehmensentwicklung eingewirkt werden, da die Top-Entscheider nahe sind und man in ihrem Umfeld selbst viel „sichtbarer“ werden kann.

Die Verankerung in einem Ableger eines Auslandsunternehmens führt eher in eine vollziehende beziehungsweise umsetzende Funktion, da die Leitplanken im Ausland gesetzt werden, gegebenenfalls in Übersee.

Man ist zunächst „Filialkraft“ und agiert eher an der Peripherie der Unternehmensstruktur, so dass es darauf ankommt, auf eine substanzielle Verwendung im Headquarter beziehungsweise im Herkunftsland des Unternehmens zu drängen und sich auch dort auf den „Radarschirm“ der Führungskräfteentwicklung zu bringen. Das lässt sich realisieren über eine Assistenzfunktion für das Top-Management, über die Leitung strategischer Projekte oder in einer exponierten Position im „Corporate Development“.

Diese Strategie birgt die Chance, gegebenenfalls als General Manager oder in die erweiterte Geschäftsleitung des hiesigen Unternehmens zurückzukehren. Alternativ bietet sie die Option, als „Country Manager“ auf einen anderen Kontinent zu wechseln. Dadurch wird das eigene internationale Profil nachhaltig gestärkt. Mit unterschiedlichen Auslandsentsendungen reift die interkulturelle Verwendbarkeit eines Managers, der auch stark heterogene Belegschaften an unterschiedlichen Standorten in der Welt kompetent führen und sie hinter gemeinsamen Zielen versammeln kann. 

Wie wichtig ist es, dass ich mir Gedanken über die Branche mache?
Sabine Hansen, Kienbaum:
Je länger der Bewerber im Job ist, desto mehr steht neben der fachlichen Qualifikation die Branchenexpertise im Vordergrund und kann einen echten Wettbewerbsvorteil darstellen. Dies gilt vor allem für intransparente und netzwerkabhängige Branchen, die über hohe Zutrittsbarrieren für Unternehmen verfügen. Hier ist Branchen-Know-how ein klarer Pluspunkt und kann die Entscheidung für einen Kandidaten positiv beeinflussen. 

Ich würde gerne komplett die Branche wechseln. Unter welchen Voraussetzungen wäre ich interessant für andere?
Nelson Taapken, Ernst & Young:
Die Sinnhaftigkeit eines Branchenwechsels hängt davon ab, welche Funktion Sie bekleiden. Ein Wechsel ist zum Beispiel eine relativ große Herausforderung, wenn Sie in branchenspezifischen Bereichen – etwa als Mitarbeiter einer Vorserienfertigung in der Automobilindustrie – tätig sind. Ein Branchenwechsel kann nur gelingen, wenn Sie in Ihrer Tätigkeit Erfahrungen in übergeordneten Themen wie Kundenverantwortung, Personalführung oder Projektleitung erworben haben. Sie sind dann interessant für andere Branchen, wenn Sie darstellen können, wie Sie diese übergeordneten Fähigkeiten in der künftigen Position in einer neuen Branche anwenden würden. Sind sie überzeugend, werden fachfremde Mitarbeiter sogar als eine Bereicherung von Teams und Abteilungen angesehen – Stichwort: Diversity.  

Meine Wunschbranche liegt momentan danieder. Soll ich lieber aktiv die Branche wechseln oder – im Sinne meiner Vorqualifikation – ausharren, bis es wieder besser geht?
Sabine Hansen, Kienbaum:
In Krisenzeiten tendieren Führungskräfte schon mal dazu, auszuharren und die Durststrecke ihrer Branche durch solide Performance zu überbrücken. Gerade aber in der Krise ergeben sich auch Chancen, „cross-industry“ zu gehen. Dieses antizyklische Verhalten gilt vor allem für Branchen, die artverwandt sind oder auf gleiche Erfolgsparameter zurückgreifen.

So ist zum Beispiel die Automobilindustrie Vorreiter für moderne Produktions- und Managementverfahren à la TPM oder Lean Six Sigma. Optimierungsbedarf haben aber auch andere Industrien wie etwa der Servicebereich von Banken. Hier können funktionale Spezialisten beim Wechsel über die Industrie hinweg punkten und dabei den richtigen Schritt nach vorne tun. Eine Standortbestimmung von Zeit zu Zeit hilft, Fehlentwicklungen aktiv entgegen zu wirken und wieder Kurs aufzunehmen. 

Mein neuer Job ist schrecklich. Kann ich ihn direkt hinwerfen oder muss ich im Hinblick auf meine Laufbahn eine Weile ausharren?
Sabine Hansen, Heidrick & Struggles:
Wahre Managementqualitäten zeigen sich vor allem in einer Krisensituation, und auch Top-Manager sind vor Fehlentscheidungen, die ihre persönliche Situation betreffen, nicht gefeit.

Wenn sich der Einstieg schwieriger darstellt als gedacht, sollte vor einer Entscheidung immer auch zunächst das Gespräch mit den Vorgesetzten, Mentoren oder Kollegen geführt werden. Vielleicht sind die Anfangsschwierigkeiten in einer besonderen Unternehmenssituation begründet, auf die nur bedingt Einfluss genommen werden kann.

Sollten sich die Probleme aus dem direkten Umfeld beziehungsweise aus geänderten Arbeitsbedingungen ergeben und sind sie nicht abzustellen, dann ist ein Ende mit Schrecken nicht die schlechteste Variante. Das gilt zum Beispiel, wenn die Aufgabe im Bewerbungsgespräch anders verkauft wurde, als sie in Wirklichkeit ist. Vom nächsten Arbeitgeber kann das sogar positiv bewertet werden, zeugt das Ziehen eines Schlussstrichs auch von Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen – Attribute, die von Arbeitgebern immer gerne nachgefragt werden. 

Das Unternehmen, das mich interessiert, zieht bei Beförderungen Hausgewächse vor. Ist das gut oder schlecht für mich, falls ich dort landen kann?
Sven Hennige, Robert Half International:
Wie so oft kann man auch diese Frage mit einem entschiedenen „sowohl als auch“ beantworten – je nachdem in welcher Situation Sie sich befinden: Steigen Sie gerade erst ins Berufsleben ein, ist dieses Unternehmen sicher gut für Sie, da Sie mit einer schnellen Beförderung rechnen können, wenn Sie sich beweisen.

Sie können Ihre Karriere gut planen, da Ihre Konkurrenz überschau- und einschätzbar ist und Sie eine höhere Sicherheit haben, dass Ihnen Ihr Traumjob von keinem externen Bewerber „weggeschnappt“ wird. Allerdings müssen Sie mit innerbetrieblichen Konkurrenzkämpfen und wenig frischen Ideen von außen rechnen. Wenn Sie sich bereits in einer Führungsposition befinden, bietet Ihnen dieses Unternehmen mittel- und langfristig hingegen sicher nicht die passenden Perspektiven. 

Bei Unternehmensberatungen und Kanzleien herrscht oft das Up-or-out-Karriereprinzip. Was passiert da, wenn ich mal eine Durststrecke habe?
Jürgen van Zwoll, Odgers Berndtson:
Durststrecken und Rückschläge im Beruf kann und wird es immer geben. Das bedeutet nicht, dass Sie gleich Ihre Karriere aufgeben müssen. Im Übrigen spüren auch Unternehmensberatungen und Kanzleien die Folgen der demografischen Entwicklung: Es gibt immer weniger junge, hoch qualifizierte Fach- und Führungskräfte. Demnach nehmen bei den Unternehmen auch die Maßnahmen zu, gute und erfahrene Mitarbeiter zu halten. So lassen sich auch in Top-Beratungen inzwischen so genannte „Fachkarrieren“ realisieren, für den Fall, dass man nicht in der gewünschten Zeit die nächste Hierarchieebene erklommen hat oder über das „Beratungssprungbrett“ auf die Unternehmensseite gewechselt ist. 

Muss ich unbedingt eine Auslandsstation einlegen, um aufzusteigen?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consul­tants:
In unserem Zeitalter der fortschreitenden Globalisierung werden sich Unternehmen weiter internationalisieren, ebenso die Belegschaften. Der Manager-Typus der Zukunft muss deshalb interkulturelle Verwendbarkeit mitbringen. Das heißt, er muss fähig sein, äußerst heterogene Belegschaften über internationale Standorte hinweg hinter gemeinsamen Zielen zu versammeln. Führungs- und Führungsnachwuchskräfte, die keine ernst zu nehmenden Auslandserfahrungen haben, geraten da sehr schnell ins Hintertreffen.

Daher sollten bereits während der Schul- und Universitätsausbildung zeitlich ausgedehnte Auslandsaufenthalte auf dem Programm stehen. Und der Erwerb einer angemessenen Sprachkompetenz: Englisch idealerweise in Kombination mit einer anderen Weltsprache wie Spanisch, Chinesisch oder Russisch.

Auch im Rahmen einer strategischen Karriereplanung – einmal im Beruf angekommen – müssen sie regelmäßige Auslandsetappen vorsehen, also (Führungs-)Aufgaben im globalen Wirtschaftsgeschehen übernehmen. Interkulturelle Verwendbarkeit erlangen Führungskräfte nur, indem sie in andere Gesellschaften und Kulturen eintauchen und konkret mit andersartigen Belegschaften, Mentalitäten und sozio-kulturellen Prägungen umgehen. Die Devise lautet: Raus aus der nationalen Komfortzone. 

Was muss ich bei einer Rückkehr nach einer Expat-Zeit beachten?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consul­tants:
Das Wechselspiel zwischen Inlands- und Auslandsverwendungen in großen Unternehmen vollzieht sich meist auf einem Zeitstrahl von jeweils zwei bis drei Jahren.

Schon im internen Klärungsprozess, der einer Entsendung vorausgeht, sollte die Geschäftsgrundlage geklärt sein: Die Aufgabenstellung in der internationalen Organisation sollte ebenso klar definiert sein wie die Zeitachse und – nach Möglichkeit – auch die Anschlussverwendung im Inland beziehungsweise in der Unternehmens-zentrale.

Während des Auslandsaufenthaltes sollten Expats a) die interne Vernetzung in Richtung Unternehmenszentrale und Personalressort nicht vernachlässigen, b) die eigene Person auf dem Radarschirm der Personal- und Führungskräfteentwicklung halten, c) mit einer überzeugenden Präsentation des eigenen Leistungsprofils internes Eigenmarketing betreiben und d) die Rückkehr in die „Heimat“ generalstabsmäßig planen.

Es bietet sich an, etwa ein Jahr oder mindestens ein halbes Jahr vor „Ablauf“ das Gespräch mit allen beteiligten Parteien zu intensivieren und sorgsam geplante Reisen in die Zentrale und den nächsten Zielort zu unternehmen.

Viele Expats sind viel zu passiv und warten darauf, dass ihnen die nächste Position auf dem Silbertablett präsentiert wird. Es kann so sein, es muss aber nicht. Warten Sie nicht auf ein rundum gelungenes Reintegrationsmanagement, es kommt meistens nicht. Treiben Sie Ihre Geschicke selbst, und werden Sie nicht zum Getriebenen. 

In meinem Unternehmen gibt es keine ausgefeilten Weiterbildungs- und Beförderungsprogramme. Sind die tatsächlich nötig für eine Karriere?
Jürgen van Zwoll, Odgers Berndtson:
Moderne Berufe erfordern lebenslanges Lernen. Da sollte man sich nicht nur auf seinen Arbeitgeber verlassen, sondern selbst die Initiative ergreifen. Gezielt eingesetzt können Weiterbildungsmaßnahmen für die Karriere hilfreich sein. Genauso wichtig ist aber auch Praxis- und Projekterfahrung. Sie steigert Ihren Wert als Mitarbeiter oder Führungskraft für ein Unternehmen und hat bei der Beurteilung Ihres Lebenslaufs am meisten Gewicht. Wenn Sie in Ihrem Aufgabenbereich regelmäßig mit neuen Tätigkeiten betraut werden und Ihren Verantwortungsbereich kontinuierlich erweitern können, macht dieses „learning by doing“ die Teilnahme an Beförderungsprogrammen häufig überflüssig.

Ist eine kontinuierliche Aufgabenerweiterung in Ihrem Job nicht möglich, so sollten Sie versuchen, Ihr Know-how durch regelmäßige Job-Rotation – am besten alle zwei bis drei Jahre – innerhalb des Unternehmens zu erweitern. Dies ist vor allem wichtig, wenn Sie eher als Generalist tätig sind und in Ihren Einsatzmöglichkeiten breit aufgestellt bleiben wollen.
Externe Weiterbildungsmaßnahmen sind immer dann sinnvoll, wenn Sie feststellen, dass Ihnen theoretisches Wissen fehlt, welches Sie über Ihre berufliche Tätigkeit nicht erwerben können. So können Sie zum Beispiel als Ingenieur oder Naturwissenschaftler eine wirtschaftliche Zusatzausbildung in Form eines MBA absolvieren oder als Mitarbeiter im Finanzbereich Ihr Wissen durch den Abschluss als Chartered Financial Analyst (CFA) vertiefen. 

Mein Job ist chronisch auf eine 60-Stunden-Woche angelegt. Muss ich mir das bieten lassen? Wie lange?
Sven Hennige, Robert Half International:
Auf Dauer müssen Sie sich keinesfalls eine 60-Stunden-Woche gefallen lassen. In Spitzenzeiten oder während eines überschaubaren Projektzeitraums können sie schon einmal unvermeidlich sein, aber wenn mittelfristig keine Änderung in Sicht ist, sollten Sie dringend ein Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten suchen und eine Regelung treffen. Häufig helfen schon eine bessere Organisation und das Delegieren von Arbeit oder Sie bekommen eine Gegenleistung in Form von Freizeit oder Geld. In letzterem Fall müssen Sie sich dann entscheiden, ob Ihnen das reicht oder ob Sie sich nach einem neuen Job umschauen wollen, wenn keine andere Lösung in Sicht ist. Dies gilt natürlich auch, wenn lange Arbeitszeiten in Ihrem Unternehmen einfach erwartet werden.  

Ich habe wegen der Kinder länger im Beruf ausgesetzt. Wie knüpfe ich jetzt wieder sinnvoll an?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consul­tants:
Entscheidend ist in diesem Kontext, nicht erst im Rahmen der konkreten Planungen für einen Wiedereinstieg „anzuknüpfen“ und Kontaktebenen zu schaffen, sondern das berufliche „Band“ nicht erst ganz aus der Hand zu geben. Soll eine möglichst reibungslose berufliche Reintegration erfolgen, sind die beruflichen Netzwerke und die Zugänge zum bisherigen und anderen Arbeitgebern zu pflegen. Zweitens sollte der thematische Anschluss nicht verlorengehen, man sollte auf der Höhe der Zeit seines Aufgabengebiets bleiben, inhaltlich und technisch, beispielsweise durch eine gezielte Weiterbildung, aber auch den regelmäßigen Dialog mit Kollegen und „dem Markt“.

Drittens muss der Wiedereinstieg bezüglich der Familienverantwortung organisatorisch vorbereitet sein, ansonsten sind ernste Friktionen in der Wahrnehmung der neuen Aufgabe vorprogrammiert. Viertens muss vorab geklärt sein, wie weit ich in der Übernahme von Verantwortung gehen kann und welche zeitliche Beanspruchung möglich ist, ohne dass ich enttäusche und Erwartungen unerfüllt lasse. Der „Deal“, die Geschäftsgrundlage muss klar sein. Auch kann für den Wiedereinstieg eine Positionierung leicht unter dem Ursprungsniveau sinnvoll sein, um wieder „anzukommen“ und den Anschluss an die aktuellen Gegebenheiten im jeweiligen Metier zu finden. So trete ich nicht mit einer großen Bugwelle an, sondern ordne mich realistisch ein und kann den Leistungserwartungen vollständig entsprechen.

Fünftens sollte das berufliche Zielbild klar sein: Wo will ich hin? Will ich mich schrittweise wieder Vollzeit engagieren oder einen eher mehrdimensionalen Lebensentwurf verfolgen, der Beruf, Familie und andere Interessenlagen und Lebensaspekte berücksichtigt?

Auch hier müssen Erwartungen auf Arbeitgeberseite frühzeitig „gemanagt“ werden. All dem sollte jedoch die Frage vorangestellt werden, ob ich in den angestammten Wirkungskreis und in das frühere Aufgabenumfeld zurückkehren will oder ob ich die Chance nutzen will, „Job Enrichment“ durch einen Aufgaben-/Branchenwechsel zu betreiben. Bin ich mit dem, was ich vor dem Ausstieg gemacht habe, sehr glücklich gewesen? Haben sich neue Erkenntnisse und Sichtweisen ergeben, die mich jetzt mit neuem Tatendrang in eine andere Richtung drängen? Daher ist es sehr bedeutsam, in sich zu gehen und in sich hineinzuhorchen, um darauf kluge Antworten zu finden. Nur Mut! Der Markt ist empfänglich.

Die Fragen stellte Ulrike Heitze