Wie erleben Sie die Bewerber, die auf Recruiting-Messen zu Ihnen kommen?
A. Lukasczyk: Sie nutzen Messen für Kontakte, zum Netzwerken und um ihre eigenen Ziele und Vorstellungen auf Realisierbarkeit zu überprüfen. Da geht es oftmals gar nicht um die Bewerbung auf konkrete Stellen. Mein Eindruck ist auch, dass die Bewerber in den vergangenen Jahren zunehmend besser vorbereitet sind. Die lapidare Frage "Was macht ihr Unternehmen eigentlich?" kommt seltener vor und die Bewerber wissen heute eher, was sie sich wünschen in Bezug auf ihre Aufgabe, das Umfeld, in das sie hinein wollen, die Unternehmensgröße und die Branche. Sie versuchen, herauszukriegen, wie das Innenleben eines Unternehmens ist, wie es tickt.
Können Sie Empfehlungen dazu geben, wie ein Bewerber eine Recruiting-Messe am besten nutzen sollte?
Er oder sie sollte gute Fragen stellen und gut zuhören.
Was sind gute Fragen?
Gute Fragen verdeutlichen, dass seitens des Bewerbers vorher eine Reflexion stattgefunden hat. Zum Beispiel kann er auf die Gestaltung des Messestandes eingehen und fragen, was das bedeutet, denn ein Unternehmen, dass seine Kreativität zeigen will, wird sich auch Mühe geben, diese in seinem Messestand zu demonstrieren. Gut ist auch, die Menschen am Stand nach ihren persönlichen Erfahrungen zu fragen: Warum sind Sie bei diesem Unternehmen? Was ist aus Ihrer Erfahrung gut, was ist schlecht an diesem Arbeitgeber?
Würde ein Personaler das denn ehrlich beantworten?
Das sollte er besser, denn die Bewerber haben bestimmt ein gutes Gefühl dafür, wenn ihnen jemand was vom Storch erzählt. Und das ist ja gerade die Kunst: herauszufragen, ob auf der Messe Potemkinsche Dörfer aufgebaut wurden oder ob das mit der Unternehmensrealität übereinstimmt. Man kann in der Regel sehr gut erspüren, ob Antworten authentisch sind oder nicht.
Wie unterscheiden Sie gute von schlechten Bewerbern auf Messen?
Ein wichtiges Unterscheidungskriterium ist der Informationsstand. Man merkt, dass viele Bewerber, selbst wenn sie Wirtschaft studieren, keine Ahnung haben vom Wirtschaftsleben. Die lesen dann vielleicht das, was auf einer Unternehmenswebsite steht, aber informieren sich nicht breiter und können dann im Zweifel nicht Stellung beziehen. Gute Bewerber erkennt man daran, dass sie etwas wissen über die Rahmenbedingungen der Märkte, in denen ein Unternehmen tätig ist, über Wachstumschancen und so weiter.
Wie klar muss sich ein Bewerber über sich selbst sein?
Das kommt darauf an, wie weit er im Studium fortgeschritten ist. Wer noch am Anfang des Studiums steht, kann eine Messe nutzen, um Atmosphäre zu schnuppern, Eindrücke von Unternehmen zu gewinnen und sich breit zu orientieren über die Möglichkeiten.
Wer bereits fortgeschritten ist im Studium oder gar kurz vor dem Examen steht, der muss sehr konkrete Gespräche suchen, in die er seine Vorstellungen einbringt. Dann kann es nicht mehr Aufgabe der Personaler sein, diese Vorstellungen aus ihm herauszufragen. Ein grundsätzlicher Tipp: Mehr Gespräche suchen als Give-aways.
Das Interview führte Annette Eicker