Ich, der Chef
Wir sprachen mit Petra Bock, Karriereberaterin und Gründerin der Dr. Bock Coaching Akademie in Berlin, über die Anforderungen an eine gute Führungskraft.
Der langjährige Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger hat einmal gesagt, Führen könne man nicht lernen, nur Managen. Sehen Sie das auch so?
Nein, Führung kann man genau so lernen wie Managen. Es sind klare Haltungen und Skills, die systematisch verstanden und erlernt werden können. Fast jedes größere Unternehmen bietet angehenden Führungskräften Seminare und Trainings oder Einzelcoachings dazu an, wie man seine Führungsfähigkeiten gezielt aufbauen kann. Darüber hinaus gibt es einen großen Markt an offenen Seminaren, die man buchen kann. Die Haltung von Führung und Kommunikations-fähigkeiten halte ich für einen guten Einstieg.
Was macht eine gute Führungskraft denn aus – und woran erkenne ich, dass ich geeignet bin?
Als Führungskraft sorgen sie dafür, dass Menschen ihre Arbeit im Sinne des Unternehmens wirksam erledigen. Sie motivieren, koordinieren, kommunizieren. Ein Interesse an Menschen ist da hilfreich. Gute Führungskräfte sind in der Lage, das Potenzial von Menschen zu erkennen, zu fördern und deren Wirksamkeit zu erhöhen. Dazu brauchen Sie nicht nur ein gutes fachliches, sondern vor allem ein persönliches Standing: Glaubwürdigkeit, Konsequenz, Konfliktfähigkeit, die Fähigkeit, sich selbst zu führen, Respekt zu geben und zu erhalten und sehr gute Kommunikationsskills. Das reine Interesse an Sachgebieten und Expertenarbeit reicht meistens nicht, um die Herausforderungen, die Führung mit sich bringt, gerne und gut zu meistern. Ich habe aber oft erlebt, dass typische Experten begeistert sind, wenn sie die Kunst guter Führung erlernen und ihr eigenes Spektrum auf diese Weise gewinnbringend für sich und das Unternehmen erweitern.
Zu Ihnen kommen aber auch viele Führungskräfte, die sich aufgerieben haben und mit der Führungsrolle nicht (mehr) klarkommen. Ist es heute anstrengender, Chef zu sein?
Ja, die Komplexität von Führung hat sich in den letzten Jahren erhöht. Das zeigen auch Studien zu Zeit- und Leistungsdruck von Führungskräften. Es ist tatsächlich sehr herausfordernd, mit Veränderung konstruktiv umzugehen und Menschen in sich wandelnden Umfeldern „mitzunehmen“. Menschen sind sensibel und komplex. Das gilt nicht nur für die Mitarbeiter, sondern natürlich auch für die Führungskräfte selbst. Bei starken Veränderungen verlaufen Lernprozesse von Natur aus chaotisch. Wer da von sich erwartet, perfekt zu sein und linear zu funktionieren, wird schnell an seine Grenzen kommen.
Das klingt anstrengend – was habe ich denn überhaupt davon, Chef zu sein?
Formulieren Sie es doch einmal positiv: Wenn man die Herausforderungen annimmt, wächst man persönlich mit und das macht Freude und schafft neue Möglichkeiten. Wir lernen, Veränderung zu verstehen, eigene und fremde Grenzen zu erkennen, systematisch zu erweitern und dabei menschlich zu bleiben. In einer alternden Arbeitsgesellschaft werden die Ansprüche an diese Fähigkeiten von Führungskräften noch weiter steigen. Aber wer will schon einen langweiligen Job, der immer der gleiche bleibt?
Das Gespräch führte Kirstin von Elm