Ein gutes Praktikum aufzutun und erfolgreich zu absolvieren, ist nur der halbe Job: Danach gilt es, vom Arbeitgeber auch ein gutes Zeugnis zu ergattern. Und meistens muss der Praktikant selber texten.
"Diese Aufgabe war wirklich die schwerste, die ich in meiner ganzen Praktikumszeit erledigen musste!" Damit hatte Esther Kappel nicht gerechnet: Nach ihrem ersten Praktikum sollte sie sich ihr Zeugnis mal eben selber schreiben. "Ich stand vor einem großen Berg", erzählt die Studentin von der unguten Überraschung am letzten Tag in einer kleinen Internet-Partnervermittlung. Ähnlich ergeht es vielen - so manch ein Praktikant glaubt, nach getaner Arbeit einfach so nach Hause spazieren zu können und am Ausgang ein schickes Praktikumszeugnis überreicht zu bekommen. Doch nicht selten ist der Chef über beide Ohren voll mit Terminen, die Personalabteilung hat andere Dinge zu tun - und der Praktikant bekommt den Auftrag, sich sein Zeugnis der Einfachheit halber doch bitte selber zu entwerfen.
Codes informieren über Stärken und Schwächen
Das gänzlich unvorbereitet anzugehen, ist jedoch keine gute Idee. Denn Studenten, die gerade ihre ersten Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt machen, haben sich selten eingehend mit Arbeitszeugnissen beschäftigt. Schließlich gab es bislang auch noch keinen Grund, die Codes zu studieren, mit denen sich Personalverantwortliche gegenseitig über die Stärken und Schwächen der Bewerber informieren. Zeugnistexte sind deshalb weit diffiziler zu formulieren als eine einfache Jobbeschreibung. Und trotzdem: Die Chance auf ein gutes Zeugnis sollte eine Nachwuchskraft dennoch auf keinen Fall verstreichen lassen. Wer keine Bescheinigung über sein Praktikum hat, hat dieses nämlich faktisch nicht absolviert.
"Der Vorteil ist, dass ein Praktikumszeugnis nicht viel länger als eine Seite sein muss", beruhigt Christian Pütjer von der Karriereakademie Püttjer & Schnierda aus Bredenbek. Leider kann ein ungeübter Schreiber auch bei kurzen Texten ungewollt Fehler einbauen - und die wirken sich im Arbeitszeugnis besonders verheerend aus. "Jeder Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis - das heißt, eine Drei ist das Minimum, was überhaupt zu vergeben ist. Wer sich selbst eine befriedigende Leistung gibt, hat sich also gerade quasi ein Ungenügend ausgestellt", erklärt Pütjer. Darum lohnt sich ein kritischer Blick auf das selbst ausgestellte Zeugnis. "Wer mit Zeugnissprache nicht vertraut ist, sollte besonders auf die Leistungsbeurteilung achten, hier passieren besonders schnell Schnitzer."
"Außergewöhnlich" ist nicht präzise genug
Selbst wenn sich eine "außergewöhnliche" Leistung für den durchschnittlichen Praktikanten nach einer exzellenten Beurteilung anhört, kann der Bewerber im Run auf das nächste Praktikum an dieser Floskel scheitern. Denn in welche Richtung ist die Arbeitsleistung außergewöhnlich - im positiven oder negativen Sinne? Etwas präziser sollte es also schon sein.
Christian Pütjer rät Zeugnis-Selbstschreibern, vor allem auf die kleinen, unscheinbaren Zeitwörter zu achten: "Zur guten und sehr guten Benotung im Zeugnis gehören die Ausdrücke ?immer?, ?stets? und ?durchgängig?. Diese Wörtchen werden oft vergessen, sind aber der Schritt zur guten Bewertung." Ebenso wichtig: Passiv-Konstruktionen vermeiden. Jemand, der "eingesetzt wurde", erledigte nur die Aufgaben, die er übernehmen musste.
Der Schlüssel zum guten Zeugnis liegt jedoch nicht nur in der Sprache, sondern auch im richtigen Aufbau. Ein Arbeitszeugnis besteht immer aus verschiedenen Blöcken. Bei einem Praktikumszeugnis reichen neben der formalen Einleitung oft zwei weitere: Ein Paragraf, der die Tätigkeit und das Einsatzgebiet des Praktikanten an sich beschreibt und ein weiterer, der die geleistete Arbeit beurteilt. Im Zeugnis-Formulieren stürzen sich unerfahrene Praktikanten hier gerne auf die Darstellung der eigenen Begeisterung, sie stellen ihre Arbeitsmotivation heraus. Die Arbeitserfolge und eine Abschlussformulierung werden dafür aber oft ignoriert.