Wer macht eher Karriere? Menschen, die neugierig und offen durch die Welt gehen und alles mal ausprobieren wollen? Oder setzen sich diejenigen durch, die von Anfang an genau wissen, wo sie hinwollen und mit aller Kraft ihr Ziel verfolgen? Die Antwort: Beide machen ihren Weg!
Die Pinguinforscherin hatte Christian Veith im Bewerbungsgespräch schwer beeindruckt. "Für ihre Doktorarbeit über die Auswirkungen des Tourismus auf das Balzverhalten der Pinguine war sie extra in die Antarktis gefahren. Sie war hoch intelligent und eine wirklich tolle Frau" schwärmt der Chef der Unternehmensberatung Boston Consulting noch heute. Veith stellte die Diplom-
Biologin ein. Doch prompt handelte er sich schon beim ersten Kunden mit seiner Personalentscheidung Ärger ein: "Der hatte sich die Lebensläufe unseres Beraterteams angesehen und kam empört zu mir", erinnert
sich Veith. Er sei ja von BCG schon einiges gewöhnt, wetterte der
Unternehmenslenker, aber was eine Pinguinforscherin ihm über Unternehmensstrategie erzählen wolle, wüsste er nun wirklich nicht. Veith handelte vier Wochen Probezeit für seinen Paradiesvogel raus. Und am Ende war der Kunde von der promovierten Biologin so angetan, dass er ihr selbst ein Jobangebot machte.
Kluge Köpfe lassen sich in allen Disziplinen finden. Deshalb haben sich Strategieberatungen wie Boston Consulting, Booz Allen Hamilton oder Bain seit Jahren schon auf das Aufspüren exotischer Talente spezialisiert. Doch das Gros
der deutschen Unternehmen verhält sich den so genannten Exoten gegenüber sehr zugeköpft. Zwar haben viele Unternehmen ihren Vorzeige-Theologen, mit dem sie beweisen wollen, wie aufgeschlossen sie sind, aber wirklich gesucht werden Strategen, die immer schon wussten, dass sie genau das werden wollen und dann sauber ein Praktikum auf das andere aufbauen.
Wer jedoch unstrategisch an seine Praktika herangeht nach dem Prinzip "Was ich immer schon mal kennenlernen wollte", kommt bei Personalern in Erklärungsnöte. Umso schlimmer, wenn der Bewerber dann noch Geistes- oder Sozialwissenschaftler ist. Egal wie klug und fleißig er auch sein mag: Schnell werden solche Leute als Träumer abgestempelt, die sich den Luxus geleistet haben, zu studieren, was ihnen Spaß macht und in Praktika mal dies mal das auszuprobieren. "Zu unfokussiert" heißt die pauschale Vermutung.
Gefragt sind bei den meisten Arbeitgebern Kandidaten mit stringentem Lebenslauf, die das Richtige - also BWL oder Ingenieurwissenschaften - studiert und relevante Praktika vorzuweisen haben. Auch wenn der deutschen Wirtschaft allmählich der Nachwuchs ausgeht, akzeptieren viele Unternehmen
nur paßgenaue Kandidaten.
"Junge Menschen müssen sich austesten, ihre Stärken und Schwächen kennenlernen, um ihren Weg zu finden", urteilt Brigitte Scheidt, Diplom-Psychologin und Karrierecoach aus Berlin, "dafür braucht man Zeit". Wer mit Anfang zwanzig noch nicht wisse, was einen Consultant, einen Supply Chain
Manager oder Logistiker ausmacht, könne drei, vier Jahre später schon die Reife und die Neugierde aufbringen, sich genau in einen solchen Beruf mit voller Energie zu stürzen. Aber auch Studierende müssen Verständnis dafür aufbringen, dass das Leben kein Spiel ist und Personalmanger Ziele zu erfüllen
haben. Der Brückenschlag zwischen querköpfigen Hochschulabsolventen und sicherheitsbedürftigen Personalern muss also von beiden Seiten ausgehen.