Unbezahlte Praktika sind weit verbreitet, aber gute Arbeitgeber sehen in ihren Praktikanten die Mitarbeiter von morgen und zahlen ihnen einen anständigen Lohn. Jobguide Praktikum hat ermittelt, wie viel.
HYGIENEFAKTOR > Die schlechte Nachricht mal gleich vorweg: Nur ein Drittel der studentischen Praktikanten kann überhaupt mit einem monatlichen Obolus für seinen Einsatz rechnen. Zwei Drittel hingegen bringen ihre Arbeitskraft für einen warmen Händedruck ein. Das jedenfalls ergab eine aktuelle Umfrage des Hochschul-Informations-Systems (HIS; 2006) unter Studierenden. Pflichtpraktika
werden nach dieser Erhebung seltener vergütet als freiwillige, für die es in 44 Prozent der Fälle eine Gegenleistung gibt.
Doch hier trennt sich bei den Arbeitgebern offensichtlich die Spreu vom Weizen.
Unter den mehr als 400 von der Jobguide- Redaktion befragten Arbeitgebern waren dieses Jahr nur zehn, die ihren Praktikanten gar nichts zahlen. Es gibt also genügend gute Unternehmen, für die es ein "Hygienefaktor" ist, ihre Praktikanten angemessen zu bezahlen. Niemand ist deshalb gezwungen, ein unvergütetes Praktikum anzutreten. Davon gibt es allerdings zwei Ausnahmen: Schulpraktikanten werden grundsätzlich nicht bezahlt, denn in den zwei, drei Wochen in der Regel hospitieren, können sie nicht wirklich vergütungswürdige
Arbeit leisten, sondern eigentlich nur "über die Schulter gucken". Und die zweite
Ausnahme: Eine Reihe von öffentlichen und öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern - wie etwa Ministerien und Rundfunkanstalten - zahlen grundsätzlich nichts.
Großen Verhandlungsspielraum in Sachen Vergütung haben Praktikanten aber
sowieso nicht. In der Regel folgen Arbeitgeber hausinternen Richtlinien, an denen wenig zu rütteln ist. Grundsätzlich gilt: Je größer der Laden, desto eher werden Praktikanten bezahlt und desto höher das Salär. Und spezialisierte Praktika - zum Beispiel im Marketing oder Projektmanagement - machen sich besser bezahlt als unspezifische Stippvisiten à la Mädchen für alles.
Im Schnitt, so zeigt es die Jobguide-Analyse, bekommen Praktikanten im Grundstudium 467 Euro im Monat, im Hauptstudium immerhin schon 589 Euro.
Spitzenreiter in Sachen Praktikanten-Obolus sind dabei die Unternehmens-, Rechts- und Steuerberatungen mit knackigen 799 Euro im Monat. Sie nehmen allerdings zumeist keine Praktikanten im Grundstudium. Im Schnitt über 600 Euro zahlen auch die Telekommunikations- und Internet-Unternehmen, die Konsumgüterhersteller, die Automobilindustrie, die Finanzdienstleister, die IT-Branche und der Handel. In Werbung und Kommunikation hingegen sowie bei den Medien-Häusern wird traditionell sehr schlecht gezahlt.
Wer an ein Unternehmen gerät, das partout für ein Praktikum nichts zahlen
will, kann zumindest versuchen, eine Bezahlung in Naturalien herauszuhandeln:
Monatsticket, Essensgeld, Rabatte auf die Produkte, die das Unternehmen herstellt, Fachliteratur, Benzingutscheine. Viele nicht-monetäre Zuwendungen kann ein Unternehmen steuermindernd absetzen - was dem Chef die Sache vielleicht ein bisschen schmackhaft macht.