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"Neue Studiengänge brauchen Vertrauen und mehr Marketing"

Sascha Hermann, Mitglied der Geschäftsleitung im Verein Deutscher Ingenieure (VDI)

Bachelor-Studiengänge zu praxisfern

Herr Hermann, Ingenieure, Elektrotechniker, ITler und BWLer - sie alle werden nicht optimal auf den Beruf vorbereitet - sagt das aktuelle Bachelor-Rating . Woran fehlt es Ihrer Ansicht nach am meisten?
Vor allem fehlt es in Deutschland an Vertrauen in diese neuen Studiengänge. Es macht keinen Sinn, den alten Abschlüssen nachzutrauern. Grundsätzlich bietet die Mehrzahl aller Hochschulen bei der Vermittlung von Fachkompetenz schon eine sehr gute Ausbildung an. Das ist die Basis, wurde jedoch in dem Rating gar nicht erfasst. Die Methodenkompetenz allein zu beurteilen, reicht nicht. Allerdings sind wir es den Absolventen schuldig, nachzubessern und den Abschluss Bachelor positiv zu unterstützen.

Eine aktuelle Befragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags unter 2.135 Unternehmen ergab, dass 38 Prozent der Befragten sich bereits in der Probezeit wieder von Hochschulabsolventen getrennt haben, weil diese nicht in der Lage waren, das theoretisch Erlernte im Unternehmensalltag praktisch umzusetzen. Da reicht das Basiswissen wohl doch nicht?
Beim Aufbau der Studiengänge muss ein Umdenken stattfinden. Es mangelt in der Tat an der Vermittlung von praktischer Erfahrung. Der ständige Kontakt und Austausch mit der Industrie ist daher elementar. Im Moment herrscht noch viel zu viel Dogmatik bei der Festlegung der Semesterwochenstunden. Um etwa das hohe Level der Ingenieurausbildung beizubehalten, fordert der VDI mindestens sechs Hochschulsemester plus Praxis.

Wie viel Praxis sollte es im Idealfall sein?

Sechs Monate sind gut und entsprechen dem alten Praxissemester. Hier können sich Studierende auch dem Unternehmen empfehlen, um etwa die Abschlussarbeit zu schreiben.

Das Interesse der Unternehmen an einer Zusammenarbeit mit den Hochschulen ist groß: Bei der DIHK-Umfrage gab mehr als die Hälfte der Teilnehmer an, bereits zu kooperieren und dies weiter ausbauen zu wollen. Manche Hochschulen wollten dieses Angebot aber nicht aufgreifen?
Darüber muss man sich nicht wundern. Manche Hochschulen sind ein wenig vergrätzt, weil sie Nachwuchsförderung nicht nur in Boom-Zeiten, sondern dauerhaft betreiben wollen. Und in Zeiten des Fachkräftemangels brauchen sie natürlich auch selbst den Forschungsnachwuchs. Die Erfahrung Mitte/Ende der 90er Jahre, als viele Unternehmen den Kontakt mit den Hochschulen abgebaut haben, war ihnen eine Lehre. Insgesamt ist die Bereitschaft zur Kooperation aber beiderseits vorhanden. Der Mittelstand hat jedoch zum Teil noch das Problem, die Bachelors nicht richtig einschätzen zu können. Da sind die Hochschulen gefordert, mehr Marketing zu betreiben. Der VDI fordert außerdem die großen Unternehmen auf, sich stärker zu den jungen Leuten zu bekennen und sie nicht in Zeitarbeitsverträge zu drängen, wie es etwa von EADS bekannt ist.

Im Bachelor-Rating wurden nur gut fünf Prozent von 547 untersuchten Studiengängen für sehr gut befunden. Vor allem kleinere Fachhochschulen konnten punkten. Welchen Mehrwert bieten sie Studierenden?
Die Fachhochschulen haben sich früh auf die Umstellung vorbereitet und die besseren Erfahrungen. Für die Universitäten war es schwieriger, die alten Studiengänge umzustellen, das braucht seine Zeit. Deshalb ist es zurzeit sicher besser, bei einer im Anschluss an den Bachelor geplanten Berufsphase den Abschluss an einer FH zu machen. Wenn Studierende hingegen sicher den Master anschließen wollen, ist die Uni vorzuziehen. In jedem Falle gilt, nicht blind von zuhause aus einen Studiengang auszuwählen, sondern sich nach Möglichkeit in den Career Centern, die viele Hochschulen bereits anbieten, schlau zu machen. Vor allem angehende Ingenieure sind hier noch viel zu immobil.

Müssen deutsche Bachelors Nachteile fürchten, wenn sie sich mit ausländischen Bachelors um eine Stelle bewerben?
Nein. Die meisten Absolventen deutscher Hochschulen bleiben ohnehin in Deutschland oder arbeiten bei deutschen Unternehmen im Ausland. Allerdings ist aufgrund des Fachkräftemangels international im Ingenieurbereich eine Abschottung der Märkte zu beobachten und es wird versucht, den deutschen Bachelor zu diskreditieren. US-Hochschulen etwa machen massiv Werbung für sich in Europa, um Studierwillige zu gewinnen.

Um ihre Bachelorstudiengänge zu akkreditieren, müssen die Hochschulen darlegen, wie sie Berufsqualifizierung gewährleisten. Wird hier mehr versprochen, als gehalten?
Die Akkreditierung ist ein vertrauenswürdiges Instrument, denn hier urteilen Vertreter aus Wissenschaft und Berufspraxis. Sie sollte allerdings nicht verwässert werden, wie es die Kultusministerkonferenz (KMK) gerade beschlossen hat. So ist es für Hochschulen jetzt auch möglich, ein Qualitätssicherungssystem einzuführen, mit dem sie alle ihre Studiengänge selbst bewerten können. Lediglich dieses System wird dann einmal akkreditiert. Damit gräbt sich Deutschland aber selbst die Grube. Denn für die internationale Anerkennung reicht das nicht. Wenn Studierende ins Ausland wollen, muss das gewählte Studienprogramm und nicht die Hochschule akkreditiert sein.

Die Fragen stellte Anne Koschik

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