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Die Energiebranche muss umdenken. Denn längst sind die Erneuerbaren Energien aus der Öko-Ecke heraus und schaffen eine Menge neue Jobs: Besonders für Ingenieure und Techniker ist dies ein kreatives, wachsendes Betätigungsfeld.
Chancen
Wenn Ware knapp wird, steigen die Preise und der Verkäufer der Ware hat gute Zeiten. In der Energiewirtschaft wird die Ware mit Gewissheit knapp, denn die Vorräte an Erdöl gehen in 40, die an Erdgas in 60 Jahren zur Neige. Anfang des Jahres 2008 knackte der Ölpreis die historische Rekordmarke von 100 Dollar je Barrel - und steigt seitdem unaufhörlich. Dabei verdient die Energiewirtschaft weiter gutes Geld, da sie die Preiserhöhung an ihre Kunden weiterreicht und gleich die übrigen Energiepreise mit anhebt. Weitere 40 bis 60 Jahre hat die Branche also noch Zeit, von der Verknappung zu profitieren.
Allerdings sind 40 Jahre in der Investitionsrechnung bei der Energieexploration und dem Kraftwerksbau keine sehr lange Zeit und zudem müssen Mineralölkonzerne und Stromversorger von ihren hohen CO2-Emissionen herunter. Schließlich gilt die Branche als ein Hauptverursacher der globalen Erwärmung. Hinzu kommt die Liberalisierung des Strommarktes, die neue Player mit ins Spiel bringt. Es muss also etwas passieren, zur Existenzsicherung und wegen des Umweltschutzes. Und das geschieht auch: Auf der Investitionsagenda stehen vor allem Wind, Sonne, Biomasse und Meer. Derzeit wird, nicht zuletzt dank der vergleichsweise hohen staatlichen Förderung, große Hoffnung in das Offshore-Geschäft gesetzt, also das Verlagern der Windparks aufs Meer.
Dabei werden die Karten nicht allein zwischen den Energieriesen Eon, RWE, Vattenfall und EnBW verteilt, die eigens "grüne" Konzerngesellschaften gegründet haben, um das Geschäft mit Erneuerbaren Energien voranzutreiben. Auch die Mineralölkonzerne BP und Shell sind mit riesigen Windparks in den USA und Photovoltaik-Anlagen in die Stromproduktion eingestiegen. Dazu kommen Engagements von Anlagenbauern wie Siemens Wind Power und auf dem Markt der Solarzellen investieren Hightech-Unternehmen wie Sharp, Q-Cells oder Sanyo mit Macht.
Viel Geld muss die Energiebranche aber auch in ihr konventionelles Geschäft stecken: Bis zum Jahr 2020 sollen rund 40 Milliarden Euro in neue Kohle-, Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke investiert werden, hat der Verband der Elektrizitätswirtschaft VDEW errechnet. Etwa die gleiche Summe soll in den Ausbau der Stromnetze fließen.
Jobs
Große Investitionen bedeuten unter Job-Gesichtspunkten immer eine Menge neue Chancen. Hier werden hochqualifizierte, vor allem technisch ausgebildete Leute gebraucht, egal ob es darum geht, Bewährtes zu erhalten (Erdgas), Schädliches auf längere Sicht ab- und umzubauen (Atom-/Kohlekraftwerke) oder neue Technologien wirtschaftlicher zu machen (alternative Energien). Hier wird nicht nur eine Menge Kreativpotenzial benötigt, sondern hier wächst auch die Kopfzahl. Zwischen 2004 und 2006 wuchs die Zahl der Arbeitsplätze in den Erneuerbaren Energien um 47 Prozent auf mehr als 230.000 - und das gehe so weiter, sagt das Bundesumweltministerium. Allein in der Solarbranche, wo die Beschäftigtenzahl im gleichen Zeitraum von 15.000 auf 40.000 stieg, sollen nach Berechnungen des Bundesverbands Solarwirtschaft bereits 2012 weitere 50.000 Arbeitsplätze entstehen und bis 2020 sollen es schon 200.000 sein.
Risiken
Zu den Risiken, mit denen Investitionen in der Energiewirtschaft besonders belastet sind, gehört die politische Einflussnahme: Vom Ausstieg aus der Kernenergie über den Netzausbau, das Kartellrecht und den Emissionshandel ? es gibt viele Hebel, mit denen die Politik das Geschäft der Branche beeinflussen kann. Zudem hat sich die EU-Kommission das Ziel gesetzt, durch mehr Player im Markt den Wettbewerb zu beleben. Seit der Öffnung der Märkte buhlen neben den großen Konzernen in Deutschland inzwischen über 700 Stadtwerke, rund 150 Öko- und Billigstromanbieter sowie 200 regionale Versorger um die Gunst der Verbraucher. Gleichzeitig jedoch schreitet international die Konzentration voran - und konterkariert die Ziele der EU. Derzeit ist der Druck auf die Branche groß. Das Bundeskartellamt ermittelt gegen regionale Versorger wegen überhöhter Gaspreise. Und die EU-Kommission unterstellt den Erzeugern Mißbrauch ihrer Marktmacht und will die Erzeugung von Energie und das Eigentum an den Verteilungsnetzen mit aller Macht voneinander trennen. Eon ging letztlich in die Offensive und bot an, sich von seinem Stromnetz und einem Teil seiner Kraftwerke in Deutschland zu trennen - was wieder Eons Wettbewerber unter Zugzwang setzt. (ae/kog)