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Stellenmarkt: Keine Angst vorm Schweinezyklus

Foto: Pixelio/gabisch

 

Die Wirtschaftskrise geht auch am Arbeitsmarkt für Ingenieure und technische Fachkräfte nicht spurlos vorbei. Kurzfristig geht das Stellenangebot der Wirtschaft zurück, aber mittel- und langfristig bleiben die Jobchancen gut.

Mit der Finanzkrise ist auch der Stellenmarkt für Ingenieure eingebrochen. Zwischen Oktober 2008 und Februar 2009 gab es 48 Prozent weniger Jobofferten für Maschinenbauer als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Für Elektro-Ingenieure waren es ein Drittel weniger Stellenangebote und die Zahl der Annoncen für Wirtschaftsingenieure brach um 42 Prozent ein. Unterm Strich mussten sich die Ingenieure über alle Fachrichtungen gesehen zum Jahreswechsel 2008/2009 mit einem Drittel weniger Stellenangeboten begnügen als noch ein Jahr zuvor.

Der Stellenmarkt-Index, für den der Personaldienstleister Adecco seit 1995 die Jobofferten in 40 Printmedien auswertet, belegt eindeutig: Die Wirtschaftsflaute ist auch auf dem Arbeitsmarkt für Ingenieure und Techniker angekommen. Mehr noch: Die VDI Nachrichten meldeten im März 2009: "Die Zahl der Stimmen mehrt sich, die vor einem umfassenden Einstellungsstopp oder gar vor der Entlassung von Ingenieuren warnen" und fragten besorgt: "Gibt es eine Zeitreise zurück in die Neunzigerjahre, eine Rückkehr des so genannten Schweinezyklus? Also eine Renaissance der unschönen Usancen der Maschinenbaukrise zu Beginn der Neunzigerjahre, als viele Industrieunternehmen einfach keine jungen Ingenieure mehr einstellten und daraufhin immer mehr junge Menschen davon Abstand nahmen, Ingenieurwissenschaften zu studieren?"

Fakt ist: Nach fünf Ausnahmejahren mit phantastischen Wachstumsraten haben die Automobilindustrie und der deutsche Maschinen- und Anlagenbau derzeit mit massiven Auftragseinbrüchen zu kämpfen. Im Januar 2009 lag der Auftragseingang im Maschinenbau um real 42 Prozent unter dem des Vorjahres.
Zwar warnte Manfred Wittenstein, Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) davor, die Entwicklung des Auftragseingangs Ende 2008/Anfang 2009 als Grundlage  für eine Jahresprognose heranzuziehen. Aber es liegt auf der Hand: Schwindende Aufträge wirken sich über kurz oder lang auch auf den Personalbestand aus.
Dabei ist der erste Schritt immer, sich von Zeitarbeitskräften zu trennen. Damit haben viele Technologieunternehmen bereits im Herbst 2008 angefangen. Im nächsten Schritt werden dann die Möglichkeiten der Kurzarbeit ausgeschöpft. Auch damit haben Automobilhersteller schon Weihnachten 2008 angefangen und Anfang des Jahres zogen immer mehr Unternehmen auch anderer Branchen nach. Selbst Stars der Branche wie die Technologieunternehmen Trumpf und Gildemeister meldeten im Frühjahr Kurzarbeit an, um ihre Stammbelegschaften nicht zu gefährden.

Bis Herbst denken viele Unternehmen, das Schlimmste verhindern zu können mit Kurzarbeit. Dann aber, meint Hans-Günther Vieweg vom Ifo-Institut, sei das Instrument ausgereizt und es müsste sich eine Wende bei den Auftragseingängen abzeichnen. "Damit rechne ich allerdings nicht", sagt Vieweg pessimistisch. Wie er haben etliche Branchen-Verbände die ungute Befürchtung, dass es spätestens im Herbst 2009 mit dem Stellenabbau ernst werden wird. Der VDMA etwa erwartet, dass im Maschinen- und Anlagenbau in diesem Jahr insgesamt 25.000 Stellen verloren gehen, nachdem 2008 noch 40.000 neue Mitarbeiter eingestellt wurden.

"Zurzeit sind wir von einem Krisenszenario noch weit entfernt", gibt allerdings Franziska Schreyer vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Entwarnung. "Die Arbeitslosigkeit, die bei Ingenieuren lange von Monat zu Monat rückläufig war, ist jetzt wieder ein wenig gestiegen. Aber es gibt zurzeit noch genügend offene Stellen." Und auch Frank Weingarten, Partner der Personalberatung Kienbaum Executive Consultants, sieht für Ingenieure nicht nur mittel- und langfristig, sondern auch kurzfristig gute Jobperspektiven: "Keine Frage, die Unternehmen drücken wegen der Krise zurzeit bei Neueinstellungen auf die Bremse. Aber der Bedarf an Ingenieuren insgesamt ist so groß, dass sich kein Studienanfänger jetzt ernsthaft fragen muss: ,Lohnt sich die Knochenarbeit für mein Ingenieurstudium überhaupt, wenn mich am Ende dann doch keiner einstellt´."

Im Klartext bedeutet das: Ja, 2009 wird das Jahr der Kurzarbeit und der Entlassungen - vermutlich auch für so manchen Ingenieur. Sich aber ernsthaft Sorgen zu machen, dass man als Ingenieur morgen seine Brötchen nicht mehr verdienen kann, ist völlig übertrieben. "Angesichts der unerwartet hohen und plötzlich auftretenden Auftragseinbrüche bleibt vielen Unternehmen gar nichts anderes übrig als sich momentan bei Einstellungen zurückzuhalten", beschreibt Susanne Krebs, Berufsexpertin beim VDMA die aktuelle Situation. "Bei massiv rückläufigen Umsätzen müssen sie ihren Kos-tenapparat im Auge behalten, um sich nicht der Insolvenzverschleppung schuldig zu machen."

Also werden Neueinsteiger und Wechsler nach der Probezeit nicht übernommen, befristete Verträge so lange es geht verlängert und offene Stellen so lange wie möglich nicht neu besetzt. Trotzdem schätzen Experten die Zahl der offenen Ingenieur-Stellen immer noch zwischen 30.000 und 50.000. Der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) spricht sogar von 70.000. Die VDI-Zahl wird jedoch von vielen Marktbeobachtern eher als politischer Zweckoptimismus bewertet denn als ernstzunehmende Größe. "Richtig ist allerdings, dass die deutschen Unternehmen auf lange Sicht mit einem sich verschärfenden Ingenieurmangel zu kämpfen haben werden", betont Kienbaum-Berater Weingarten.

Ingenieure waren denn auch im vergangenen Jahr wieder einmal die heißest begehrten Akademiker auf dem Arbeitsmarkt. Insgesamt lag die Zahl der in Printmedien ausgeschriebenen Jobangebote für Ingenieure 2008 laut Adecco-Stellenmarktindex bei rund 46.000. Für Techniker wurden 7.300 Stellenanzeigen geschaltet. Während Ingenieure fast aller Fachrichtungen auf weniger Stellenanzeigen zurückgreifen konnten, verbuchten Ingenieure für Energie und Ökologie sogar ein Plus von mehr als zwölf Prozent (1.067 Jobofferten insgesamt). Trotz Krise vermehrt gesucht waren auch Ingenieure für Klimatechnik (insgesamt 1.748 Jobofferten, plus vier Prozent).
Noch wenig zu spüren von der Wirtschaftsflaute bekamen auch die Bauingenieure 2008. Wegen der gestiegenen Zahl der neu geplanten und gebauten Gewerbeimmobilien erlebten sie sogar einen Zuwachs von 14 Prozent auf 7.265 Stellenangebote.

Selbst als in anderen Branchen - wie etwa im Werzeugmaschinenbau oder im Markt für Papier- und Druckmaschinen - die Aufträge um 60 bis 80 Prozent zurückgingen, merkte die Bauindustrie noch nichts von der Krise. "Wegen der langen Projektzeiten in unserer Branche kommt die rückläufige Entwicklung bei uns  vermutlich erst zeitversetzt im nächsten Jahr an", heißt es beim Hauptverband der deutschen Bauindustrie. Ähnliches wird auch für den öffentlichen Sektor gelten, der 2008 im Schnitt 17 Prozent mehr Stellenausschreibungen für Ingenieure schaltete als im Vorjahr. "Wenn im nächsten Jahr die Steuern ausbleiben, wird es auch hier weniger Jobofferten geben", urteilt Kienbaum-Personalberater Weingarten. Sein Tipp: "Wer nicht direkt seinen Traumarbeitsplatz bekommt, sollte die Chance nutzen, noch einmal ein Praktikum oder einen Auslandsaufenthalt an das Studium dranzuhängen." Berufspraxis und internationale Erfahrung stehen bei den Arbeitgebern hoch im Kurs.

Julia Leendertse

 

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