Laufbahnplanung: So geht's voran
Wer auf Jobsuche geht, muss viele Entscheidungen treffen. Entscheidungen, die oft über Glück oder Unglück im neuen Job entscheiden. Soll ich lieber in einem großen oder einem kleinen Unternehmen anfangen? Muss ich unbedingt Chef werden, um voranzukommen? Soll ich meine Karriere überhaupt planen? - Sechs renommierte Personalberater geben Antworten auf die drängendsten Fragen in Sachen Karriere.
Muss ich unbedingt Führungskraft werden, um aufzusteigen?
Martin Hofferberth, Towers Perrin: Vor allem in größeren Unternehmen, insbesondere solchen mit starken Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, haben sich mittlerweile neben der Managementkarriere auch Experten- und Projektmanagement-Laufbahnen entwickelt. Mit diesen alternativen Entwicklungspfaden ist die fachliche Führung von Mitarbeitern verbunden, also das Setzen von Zielen und die Beurteilung der Arbeitsergebnisse und das dann je nach Ausprägung auf Team-, Abteilungs- und Bereichsebene. Eine klassische Sonderform der Fachlaufbahn ist die Projektarbeit.
Beispielsweise leitet ein Produktmanager in der Pharmaindustrie ein Team von Forschern, die ein Medikament zur Produktreife führen. Was zu tun ist und wie es passiert, verantwortet der Experte. In der Regel entscheidet er auch noch mit, wer Team- oder Projektmitglied wird. Die disziplinarische Verantwortung aber, also die Mitarbeitereinstellung, Gehaltsgespräche und so, liegt dann allein beim disziplinarischen Manager.
Expertenlaufbahnen reichen meistens nicht so weit wie Managementkarrieren. Spätestens ab Bereichsleiterebene ist eine Trennung von fachlicher und disziplinarischer Verantwortung kaum mehr möglich. "Experten" auf Vorstandsebene sind absolute Seltenheit, wobei Ausnahmen denkbar sind, zum Beispiel wenn ein Software-Unternehmen einen Technologie-Guru oder ein Mode-Konzern einen Trend-Master im Board führt.
Stehen meine Aufstiegschancen besser, wenn ich mich spezialisiere oder wenn ich als Generalist arbeite?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consultants: Das hängt ganz davon ab, ob man eine Expertenlaufbahn oder eine Führungskarriere in Richtung Top-Management ins Visier genommen hat. Ein Experte, der nicht primär in der Linienlaufbahn aufsteigen will, muss sich seine Wettbewerbsdifferenzierung, seinen internen und externen "Marktwert" durch fachlichen Tiefgang in einem bestimmten Thema erarbeiten.
Hat ein Kandidat eher Führungsambitionen oder strebt nach gesamtunternehmerischer Verantwortung, muss er an der Erfahrungsbreite und seinen General-Management-Qualitäten arbeiten. Das heißt im Kern für ihn: immer wieder ins kalte Wasser springen, sich auch grundlegend neuen Aufträgen stellen, Führungsaufgaben ausweiten, strategische Projekte steuern und sich im Wechselspiel zwischen verschiedensten Unternehmensbereichen von Stabsstellen wie Unternehmensentwicklung oder -steuerung bis zu operativen Stellen wie Marketing und Vertrieb bewähren. Daraus ergibt sich "fundiertes Generalistentum".
Um die Weichen für die eigene berufliche Entfaltung richtig zu stellen, ist ein realistisches Selbstbild zu Beginn der Karriereentwicklung extrem wichtig, und dies sollte mit professioneller Unterstützung entwickelt werden: Sind Sie eher eine rein inhaltlich motivierte Fachkraft oder ein "geborener Leader", der gerne Menschen und Unternehmen führt und Karriere als "Weg an die Spitze" versteht. Beide Persönlichkeitsprägungen und Motivationen haben ihren Wert und bieten Aufstiegschancen.
Gibt es Vergütungsunterschiede zwischen Fach- und Managementkarriere?
Martin Hofferberth, Towers Perrin: Die ersten Karrieresysteme für Fachexperten, die in Unternehmen im Einsatz waren, waren unter finanziellen Gesichtspunkten wenig attraktiv. Das hat nicht nur dazu geführt, dass die Laufbahn nicht sonderlich gefragt war, sondern auch, dass die Wertschätzung von Fach-Managern im Unternehmen deutlich unter jener für die Managementpositionen lag.
Das hat sich mittlerweile geändert. In der Regel liegt die Vergütung von Positionen in einer Fachkarriere entweder auf dem Niveau der Managementkarriere oder mit durchschnittlich rund zehn Prozent nur leicht darunter. Als Faustregel gilt, je weiter oben in der Hierarchie, desto größer fallen die Differenzen auf vergleichbarer Karrierestufe aus.
Verläuft die Karriere in einer Stabsstelle anders als in einer Linienposition?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consultants: Anders schon, aber nicht unbedingt schlechter. Das Engagement im Stab, beispielsweise in der Unternehmensentwicklung oder in der -steuerung, hat durchaus attraktive Facetten: die Nähe zum Top-Management, die inhaltliche Breite auch im Tagesgeschäft. Man ist in strategische Projekte eingebunden, wirkt aktiv an den strategischen Planungen mit, ist im Unternehmen sichtbar. Allerdings ist die Aufgabe in diesem Kontext eher beratend und entscheidungsvorbereitend. Es wird erhoben, analysiert, gewichtet und empfohlen. Daraus resultiert eine mittelbare Einbindung in Entscheidungsprozesse, nicht aber die Verankerung in einer Entscheiderposition, und sei es im mittleren Management.
In den klassischen Linienpositionen gibt es klare Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume, zum Beispiel durch Budget-, Personal- und Ressourcen-Verantwortung, die die Unternehmensentwicklung direkter beeinflussen und sogar ausrichten. In der unternehmensinternen Gewichtung bringen Stabspositionen - bei realistischer Betrachtung - im Regelfall weniger auf die Waage als Linienpositionen mit entsprechendem Verantwortungsrahmen, insbesondere, wenn sie Ergebnisverantwortung haben.
Mein Unternehmen ist als Matrix organisiert. Was bedeutet das für mich und meinen Job?
Sven Hennige, Robert Half International: Ein matrixorganisiertes Unternehmen zeichnet sich durch einen ganzheitlichen Ansatz und einen vernetzten Aufbau aus. Dieser modernere Managementansatz steht für eine synergetische Unternehmenssteuerung und bedeutet für die Mitarbeiter eine große Durchlässigkeit sowie ein hohes Maß an Kommunikation und Information. In einer Matrixorganisation könnte es sein, dass Sie drei Chefs haben: Zum Beispiel einen, der den deutschen Markt verantwortet, einen der Ihr funktionaler Chef ist, etwa in der Forschung und einer, der bestimmte Produktgruppen unter sich hat. Sie müssen sich mit allen dreien abstimmen und sich in drei Dimensionen vernetzen. Das eröffnet auf drei Ebenen Karrierechancen, ist aber auch anstrengend.
Managementpositionen sind hier interessanter als in herkömmlich linienorganisierten Unternehmen, da Sie mehr Gestaltungsfreiraum bieten. Gleichzeitig bestehen in matrixorganisierten Unternehmen aufgrund des "Information overload" häufig Missverständnisse bezüglich der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten und es fällt teilweise schwer, richtige Prioritäten zu setzen. Zudem kann man auch zwischen die Stühle geraten.
Entscheidend ist unterm Strich, wie die Organisationsform gelebt wird und welcher Typ Sie selbst sind: Fühlen Sie sich im "kreativen Chaos" wohl? Oder bevorzugen Sie eher klare Aussagen über Ihren Aufgabenbereich und nehmen dafür gern auch längere Entscheidungswege in Kauf?
Was bedeutet es für meine Karriere, wenn ich mich nicht für einen Konzern, sondern für den Mittelstand entscheide?
Martin Hofferberth, Towers Perrin: Weder das eine noch das andere ist per se schlechter oder besser. Es gibt grundsätzliche Unterschiede in der Unternehmensorganisation und -kultur, die jeder vor seinem individuellen Hintergrund einordnen muss. So sind im Konzernumfeld die Hierarchien in der Regel feiner gestrickt und ein stärkerer Abstimmungsbedarf gegeben. In mittleren und kleinen Unternehmen kommt dagegen eher der Macher zu seinen Chancen - was nicht heißt, dass es keine Hierarchien und ein damit verbundenes Denken gibt. Aber die inhaltlichen Spielräume sind hier oft größer. Allerdings sind im Konzern Auslandseinsätze oft leichter zu verwirklichen. Im Mittelstand gibt es für Mitarbeiter, die nicht auf eine Management-Laufbahn aus sind, eher die Möglichkeit sich im Rahmen von Fachkarrieren gezielt zu entwickeln.
Mit Blick auf die Vergütung liegt das Einstiegsniveau von großen Mittelständlern und Konzernen mittlerweile auf einer Ebene, in mittleren Unternehmen muss man bereits mit fünf bis zehn Prozent geringeren Einstiegsgehältern rechnen. Die Gesamtvergütung steigt auch über die Jahre hinweg nicht so stark.
Im Konzern nimmt der Anteil der variablen Vergütung und damit das Chance-/Risiko-Potenzial im Laufe des Berufslebens schneller und deutlicher zu. Auch weisen Konzerne in der Regel ein etwas großzügigeres Portfolio an Nebenleistungen wie etwa Altersversorgung, Bahntickets, Handy- oder Dienstwagen-Regelungen auf. Kleine und mittlere Unternehmen punkten auf diesem Gebiet eher durch das soziale Umfeld, kurze Wege et cetera.
Haben Absolventen privater Hochschulen bessere Karrierechancen als jene von staatlichen?
Sabine Hansen, Heidrick & Struggles: Private Hochschulen werben geschickt damit, dass ihre Absolventen deutlich schneller Karriere machen, weil sie bereits während ihres Studiums ihren Eintritt ins Berufslebens durch Auslandseinsätze und diverse Praktika vorausplanen. Tatsächlich scheint es eine Korrelation zwischen der richtigen Wahl der Alma Mater und dem langfristigen Erfolg im Job zu geben. Bewerber von Privatunis kennen den Stellenmarkt genau und bevorzugen häufiger als Absolventen von öffentlichen Hochschulen den lukrativen Einstieg in die Beratung oder bei Großunternehmen, wo speziell auf sie zugeschneiderte Trainee-Programme die große Karriere im Konzern versprechen.
Bei aller Vorausplanung gilt es aber auch nach dem erfolgreichen Berufsstart langfristig durch gute Leistung auf sich aufmerksam zu machen. Eine Standortbestimmung von Zeit zu Zeit hilft, bei Fehlentwicklungen aktiv gegenzuwirken und wieder Kurs aufzunehmen.
Ist es ein Unterschied in Sachen Karriere, ob mein Unternehmen sein Headquarter in Deutschland oder im Ausland hat?
Tiemo Kracht, Kienbaum Executive Consultants: Da gibt es sicherlich einen Unterschied. Im ersten Fall ist das "Herzzentrum" des Unternehmens im Lande, so dass die Leitplanken auch für das eigene Tun vor Ort gesetzt werden. Je nach Karriereentwicklung kann wesentlich stärker auf den eigenen Aufstieg und auf die Unternehmensentwicklung eingewirkt werden, da die Top-Entscheider nahe sind und man in ihrem Umfeld selbst viel "sichtbarer" werden kann.
Die Verankerung in einem Ableger eines Auslandsunternehmens führt eher in eine vollziehende oder umsetzende Funktion, da die Leitplanken für die Geschäftstätigkeit im Ausland, gegebenenfalls in Übersee, gesetzt werden. Man ist zunächst "Filialkraft" und agiert eher an der Peripherie der Unternehmensstruktur, so dass es darauf ankommt, auf eine substanzielle Verwendung im Headquarter beziehungsweise im Herkunftsland des Unternehmens zu drängen und sich auch dort auf den "Radarschirm" der Führungskräfteentwicklung zu bringen. Das lässt sich realisieren über eine Assistenzfunktion für das Top-Management, in der Leitung strategischer Projekte oder in einer exponierten Position im "Corporate Development".
Diese Strategie birgt die Chance, gegebenenfalls als General Manager oder in die erweiterte Geschäftsleitung des hiesigen Unternehmens zurückzukehren.
Alternativ bietet sie die Option, als "Country Manager" auf einen anderen Kontinent zu wechseln. Dadurch wird das eigene internationale Profil nachhaltig gestärkt. Mit Auslandsversendungen reift die interkulturelle Verwendbarkeit eines Managers, der auch stark heterogene Belegschaften an unterschiedlichen Standorten in der Welt kompetent führen, hinter gemeinsamen Zielen versammeln und auch auf Zielerreichung polen kann.
Wie wichtig ist es, dass ich mir Gedanken über die Branche mache?
Sabine Hansen, Heidrick & Struggles: Je länger der Bewerber im Job ist, desto mehr steht neben der fachlichen und persönlichen Qualifikation die Branchenexpertise im Vordergrund und kann einen echten Wett-bewerbsvorteil darstellen. Dies gilt vor allem für intransparente und netzwerkabhängige Branchen, die über hohe Zutrittsbarrieren für Firmen verfügen. Hier ist Branchen-Know-how ein klarer Pluspunkt und kann die Entscheidung für einen Kandidaten positiv beeinflussen.
Wie wirkt sich die Unternehmensgröße auf meine Laufbahn aus?
Jürgen van Zwoll, Ray & Berndtson: Ob ein größeres oder ein kleineres Unternehmen für Ihre Laufbahn förderlicher ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. In beiden kann man Karriere machen.
Die Größe Ihres künftigen Arbeitgebers sollten Sie vor allem davon abhängig machen, was für ein Typ Sie sind, das heißt welche Stärken und Schwächen Sie haben und was Ihnen im beruflichen Umfeld wichtig ist. In einem Großkonzern gibt es auf den ersten Blick mehr Unternehmens- und Aufgabenbereiche als in einem mittelständischen Unternehmen, was auch mehr Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten mit sich bringt.
Dennoch sollten Sie auch bei großen Konzernen genau hinschauen, ob diese tatsächlich eine systematische Führungskräfteentwicklung aktiv anbieten. In jedem Fall eröffnet Ihnen ein internationaler Konzern mehr Möglichkeiten, Auslandserfahrung zu sammeln als ein regional tätiges Unternehmen. Dafür sind Großunternehmen durch die Anzahl der Mitarbeiter und Hierarchieebenen häufig anonymer und durch mehr Politik geprägt. Bei einem mittelständischen Unternehmen haben Sie dagegen gleich von Anfang an eine höhere Sichtbarkeit und übernehmen in der Regel schneller Verantwortung. Wem ein "familiäres" Umfeld und eine hohe Identifikation mit der Unternehmenskultur wichtig sind, ist hier häufig besser aufgehoben. Aber auch dort ist zumindest innerdeutsche Mobilität gefragt, da viele erfolgreiche Mittelständler mit ihren Zentralen abseits der bekannten Großstädte sitzen.
Wie oft kann ich meinen Job wechseln, ohne dass es meiner Vita schadet?
Sven Hennige, Robert Half International: Als Faustregel gilt: Je nach Lebenssituation ist ein Wechsel alle drei bis fünf Jahre möglich, ohne negativ aufzufallen. Dabei ist zu beachten, dass mit zunehmender Berufserfahrung eher längere Verweilzeiten im Unternehmen erwartet werden als zu Beginn der Karriere. Mehrere Wechsel unter zwei Jahren würden jedoch immer hinterfragt werden und Sie müssen Ihre "Sprunghaftigkeit" gut begründen können.
Generell sind die Gründe für den Wechsel immer wichtig, es sollte optimalerweise eine klare Linie im Lebenslauf erkennbar sein. Auch zu lange Zeit im gleichen Job kann zu einem Problem werden: Jemand, der über Jahrzehnte im selben Unternehmen gearbeitet hat, ist oft nicht mehr vermittelbar.
Wie offensiv muss ich meine Karriere planen und angehen?
Jürgen van Zwoll, Ray & Berndtson: Wenn Sie wissen, was Sie beruflich wollen, dann sollten Sie Ihr Ziel durchaus konsequent verfolgen. Dabei dürfen Sie aber Ihr berufliches Umfeld nicht außer Acht lassen. Beispielsweise ist Ihr berufliches Fortkommen in einem Unternehmen, in dem viel Politik betrieben wird, trotz fachlicher Höchstleistungen nicht zuverlässig planbar. Auch Ihr jeweiliger Vorgesetzter hat maßgeblichen Einfluss auf Ihre Karriere. Nicht zuletzt, wie überall im Leben, spielt auch der Zufall eine gewisse Rolle. Diesem sollten Sie den Verlauf Ihrer beruflichen Laufbahn natürlich nicht vollständig überlassen.
Empfehlenswert ist, Vorgesetzte und Schlüsselpersonen im Unternehmen positiv auf sich aufmerksam zu machen, beispielsweise, indem Sie bewusst ein herausforderndes Projekt übernehmen und so die Chance zur Profilierung nutzen. Wichtig ist auch, regelmäßig das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten zu suchen und - nicht nur im jährlichen Zielvereinbarungsgespräch - aktiv Feedback einzufordern. Schließlich ist ein gutes Netzwerk innerhalb des Unternehmens hilfreich. Das sollten Sie frühzeitig aufbauen und systematisch pflegen. Günstig ist ein Fürsprecher oder "Mentor" aus der Personalabteilung oder dem Top-Management, der ihre berufliche Weiterentwicklung am Besten fördern kann.
Mein neuer Job ist schrecklich. Kann ich ihn direkt hinwerfen oder muss ich im Hinblick auf meine Laufbahn eine Weile aushalten?
Sabine Hansen, Heidrick & Struggles: Wahre Managementqualitäten zeigen sich vor allem in einer Krisensituation, und auch Top Manager sind vor Fehlentscheidungen, die ihre persönliche Situation betreffen, nicht gefeit. Für den Berufsstarter kann daher nur das Gleiche gelten. Wenn sich der Einstieg schwieriger darstellt als gedacht, sollte vor einer Entscheidung immer das Gespräch mit den Vorgesetzten, Mentoren oder Kollegen geführt werden. Vielleicht sind die Anfangsschwierigkeiten in einer besonderen Unternehmenssituation begründet, auf die nur bedingt Einfluss genommen werden kann.
Sollten sich die Probleme aus dem direkten Umfeld oder aus geänderten Arbeitsbedingungen ergeben - zum Beispiel weil die Aufgabe im Bewerbungsgespräch anders verkauft wurde als sie real ist - und sind sie nicht abzustellen, dann ist ein Ende mit Schrecken nicht die schlechteste Variante. Vom nächsten Arbeitgeber kann das sogar positiv bewertet werden, zeugt das Ziehen eines Schlussstrichs auch von Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen - Attribute, die von Arbeitgebern immer gern gesehen werden.
Das Unternehmen, das mich interessiert, zieht bei Beförderungen Hausgewächse vor. Ist das gut oder schlecht für mich, falls ich dort landen kann?
Sven Hennige, Robert Half International: Wie sooft kann man auch das mit einem entschiedenen "sowohl als auch" beantworten - je nachdem in welcher Situation Sie stecken:
Steigen Sie gerade erst in das Berufsleben ein, ist dieses Unternehmen sicher gut für Sie, da Sie mit einer schnellen Beförderung rechnen können, wenn Sie sich beweisen. Sie können Ihre Karriere gut planen, da Ihre Konkurrenz überschau- und einschätzbar ist und Sie eine höhere Sicherheit haben, dass Ihnen Ihr Traumjob von keinem externen Bewerber "weggeschnappt" wird. Allerdings müssen Sie mit innerbetrieblichen Konkurrenzkämpfen und wenig frischen Ideen von außen rechnen.
Wenn Sie sich bereits in einer Führungsposition befinden, bietet Ihnen dieses Unternehmen mittel- und langfristig allerdings sicher nicht die passenden Perspektiven, weil Sie damit rechnen müssen, dass Ihnen intern "groß gewordene" Kollegen in kommenden Beförderungsrunden vorgezogen werden.
Bei Unternehmensberatungen und Kanzleien herrscht oft das Up-or-out-Karriereprinzip. Was passiert, wenn ich mal eine Durststrecke habe?
Jürgen van Zwoll, Ray & Berndtson: Durststrecken und Rückschläge im Beruf kann und wird es immer geben. Das bedeutet nicht, dass Sie gleich Ihre Karriere aufgeben müssen. Im Übrigen spüren auch Unternehmensberatungen und Kanzleien die Folgen der demografischen Entwicklung: Es gibt immer weniger junge, hoch qualifizierte Fach- und Führungskräfte. Demnach nehmen bei den Unternehmen auch die Maßnahmen zu, gute und erfahrene Mitarbeiter zu halten. So lassen sich auch in Top-Beratungen inzwischen so genannte "Fachkarrieren" realisieren, für den Fall, dass man nicht in der gewünschten Zeit die nächste Hierarchieebene erklommen hat oder über das "Beratungssprungbrett" auf die Auftrageberseite in der Industrie gewechselt ist.
Muss ich unbedingt eine Auslandsstation einlegen, um aufzusteigen?
Niels Rasmussen, Hewitt Associates: Wie wichtig ein Auslandseinsatz für die Karriere ist, wird von der Funktion bestimmt. Betreut man etwa als Consultant internationale Kunden, ist eine Auslandsstation im Lebenslauf sicherlich notwendiger, als wenn man in einer "corporate function" tätig ist. Der Erfolg im Ausland selbst bestimmt sich dann danach, ob und wie es einem gelingt, eventuelle "Ausländernachteile" wie Sprachdefizite, Unkenntnis des lokalen Marktes und der Kultur ausgleichen. Schafft man das, hat man als Expat sicher auch einen Karriere-Vorteil im ausländischen Unternehmen.
In meinem Unternehmen gibt es keine ausgefeilten Weiterbildungs- und Beförderungsprogramme. Sind die tatsächlich nötig für eine Karriere?
Jürgen van Zwoll, Ray & Berndtson: Moderne Berufe erfordern ein lebenslanges Lernen. Da sollte man sich nicht nur auf seinen Arbeitgeber verlassen, sondern selbst die Initiative ergreifen. Gezielt eingesetzt können Weiterbildungsmaßnahmen für die eigene Karriere hilfreich sein. Genauso wichtig sind aber auch Praxis- und Projekterfahrungen. Sie steigern Ihren Wert als Mitarbeiter oder Führungskraft für ein Unternehmen und haben auch bei der Beurteilung Ihres Lebenslaufs am meisten Gewicht. Wenn Sie in Ihrem Aufgabenbereich regelmäßig mit neuen Tätigkeiten betraut werden und Ihren Verantwortungsbereich kontinuierlich erweitern können, macht dieses "learning by doing" die Teilnahme an Beförderungsprogrammen sogar häufig überflüssig.
Ist eine kontinuierliche Aufgabenerweiterung in Ihrem Job nicht möglich, so sollten Sie versuchen, Ihr Know-how durch regelmäßige Job-Rotation - am besten alle zwei bis drei Jahre - innerhalb des Unternehmens zu erweitern. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn Sie eher als Generalist tätis sind und in Ihren Einsatzmöglichkeiten auch breit aufgestellt bleiben wollen.
Externe Weiterbildungsmaßnahmen sind immer dann sinnvoll, wenn Sie feststellen, dass Ihnen theoretisches Wissen fehlt, welches Sie über Ihre berufliche Tätigkeit nicht erwerben können. So können Sie zum Beispiel als Ingenieur oder Naturwissenschaftler eine wirtschaftliche Zusatzausbildung in Form eines MBA absolvieren oder als Mitarbeiter im Finanzbereich Ihr Wissen durch den Abschluss als Chartered Financial Analyst (CFA) vertiefen.
Was muss ich bei meiner Rückkehr nach einem Auslandseinsatz beachten?
Niels Rasmussen, Hewitt Associates: Die Repatriation bietet Mitarbeitern wie Unternehmen große Chancen, die von den Firmen in der Praxis aber fast immer vergeben werden. Die meisten bedenken nicht, dass die Rückkehr nach der Expat-Zeit nur auf Basis einer strategischen Planung gut gelingen kann. Vor der Entsendung muss das Unternehmen vor allem folgende Fragen schlüssig beantworten können: Was soll der Expat im Ausland beitragen? Welche Rolle soll er nach seiner Entsendung ausfüllen? Was soll der Kandidat dafür noch lernen? Aus der Summe dieser Antworten ergeben sich dann die Auswahl des Ziellandes und die Zeitspanne, für die der Expat ins Ausland entsendet wird.
Die High Potentials haben im Ausland meist einen höheren Lebensstandard. Ist die Rückkehr also nicht bestmöglich geplant, landen die meisten Expats ohne einen klaren Karriereplan hart auf dem Boden der Tatsachen. In dieser Phase verlieren die Unternehmen oft ihre bestens ausgebildeten Mitarbeiter an den Wettbewerb.
Ich bekomme in meinem neuen Job null Verantwortung, obwohl es anders abgesprochen war. Was kann ich tun, ohne gleich die Brocken hinzuwerfen?
Sven Hennige, Robert Half International: Das Beste in einer solchen Situation ist, das Thema möglichst frühzeitig anzusprechen und ein Vier-Augen-Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten zu suchen. In diesem Termin sollten Sie nicht zu fordernd auftreten, sondern erst einmal Ihre Vorstellungen thematisieren und darlegen, welchen Mehrwert es dem Unternehmen bringen würde, wenn Sie mehr Verantwortung übernähmen.
Überlegen Sie sich vor dem Gespräch auch, warum Ihnen die versprochenen Kompetenzen nicht übertragen wurden und wie die Situation bei Ihren Kollegen aussieht. Auf jeden Fall sollten Sie klare Vereinbarungen mit ihrem Unternehmen und Ihrem Vorgesetzten treffen und diese am Besten auch schriftlich festhalten.
Mein Job ist chronisch auf eine 60-Stunden-Woche angelegt. Muss ich mir das bieten lassen? Wie lange?
Sven Hennige, Robert Half International: Auf Dauer müssen Sie sich keinesfalls eine 60-Stunden-Woche gefallen lassen. In Spitzenzeiten oder während eines überschaubaren Projektzeitraums können solche Arbeitszeiten zwar schon einmal unvermeidlich sein, aber wenn mittelfristig bei Ihnen keine Änderung in Sicht ist, sollten Sie dringend ein Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten suchen und eine Regelung für die Zukunft treffen.
Häufig helfen schon eine bessere Organisation und das Delegieren von Arbeit an andere Mitarbeiter oder externe Dienstleister. Oder Sie bekommen eine Gegenleistung in Form von Freizeitausgleich oder Geld. In letzterem Fall müssen Sie sich dann entscheiden, ob Ihnen das reicht oder ob Sie sich eventuell doch nach einem neuen Job umschauen wollen, wenn keine andere Lösung in Sicht ist.
Das Gleiche gilt natürlich auch, wenn lange Arbeitszeiten in Ihrem Unternehmen einfach erwartet werden.
Fotos: Towers Perrin, Kienbaum, Robert half, Heidrick & Struggles, Hewitt, Ray & Berndtson