Ein Praktikum bei einer internationalen Organisation ist für viele der Traum schlechthin: Hier kann man die großen Themen der Welt aus der Vogelperspektive betrachte, kann mit Menschen aus aller herren Länder zusammenarbeiten und viel in Sachen Erfahrungs- schatz und Lebenslauf tun. Und der Spaß kommt auch nicht zu kurz.
Wer kennt sie nicht, die Flaggenparade vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in New York: Symbol für Weltpolitik, für das Zusammenwachsen der Nationen und den Versuch, die Probleme dieses Planeten in all seinen Facetten zu mildern und Wohlstand und Wohlergehen der Menschheit zu mehren.
Hier zu arbeiten, ist für Nachwuchskräfte und Professionals aus aller Welt gleichermaßen erstrebenswert. Hier werden Strategien in internationalen Dimensionen entworfen, werden Projekte mit großer regionaler und thematischer Reichweite realisiert. Wer hier arbeitet, hat früher oder später ganz gewiss alle Probleme zu meistern, die im normalen Berufsleben immer auftreten. Aber eins wird sich hier ganz sicher nicht einstellen: Das Gefühl, an einem provinziellen Ort mit kleinkarierten Menschen an unwichtigen Themen
zu arbeiten.
Die UNO in New York, die Weltbank in Washington und die EU-Kommission in Brüssel sind die ersten drei, die den meisten Menschen unter der Überschrift "Internationale Organisationen" (IO) einfallen. Doch es gibt hunderte von ihnen in aller Welt, darunter viele, von denen kaum jemals eine Zeile in der Zeitung steht: Von der Afrikanischen Entwicklungsbank bis zum Europäischen Labor für Molekularbiologie, von der Internationalen Organisation für Migration bis zum Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage.
Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht in allen, aber immerhin in über 200
Internationalen Organisationen Mitglied.
Und die Bundesregierung ist bestrebt, den Anteil der deutschen Mitarbeiter in diesen Organisationen zu vergrößern. Zur Information für Interessierte und Unterstützung für Bewerber gibt es daher im Auswärtigen Amt (AA) eine zentrale Stabstelle für die Koordination internationaler Personalpolitik
(kip
diplo.de). Weltweit gibt es derzeit etwa 55.000 Stellen bei Internationalen Organisationen, die dem deutschen höheren Dienst vergleichbar sind.
Knapp über neun Prozent, nämlich 5.200 dieser Stellen, sind mit deutschen
Staatsangehörigen besetzt. Davon sind etwa 1.000 Deutsche bei den Vereinten Nationen (VN) oder einer der zahlreichen VN-Unterorganisationen
tätig und 2.000 bei Organen der EU. Ebenso vielfältig wie die Aufgaben Internationaler Organisationen sind die offerierten Berufsfelder: kaum ein Studienabschluss ist denkbar, der hier nicht irgendwann nachgefragt
würde.
Alle Fachrichtungen sind deshalb grundsätzlich willkommen, auch wenn mehrheitlich Absolventen der Rechts-, Wirtschafts-, Sozial-, Politik- und Verwaltungswissenschaften nachgefragt werden. Andererseits gibt es aber auch zahlreiche Fachorganisationen, die besonders an Studierenden naturwissenschaftlicher und technischer Disziplinen interessiert sind. Entscheidend ist eine erkennbare Ausrichtung des Studiums auf internationale Fragestellungen. Die Profile der Stellenausschreibungen für feste Jobs bei Internationalen Organisationen sind extrem vielfältig. Je nach Aufgabengebiet werden Fachkräfte aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen gesucht. Unabhängig von der jeweiligen Tätigkeit werden jedoch immer bestimmte Mindestanforderungen an Bewerber bei Internationalen Organisationen gestellt. So sind zum Beispiel ausgezeichnete Fremdsprachenkenntnisse unverzichtbar. Vorausgesetzt wird in der Regel die fließende Beherrschung von
Englisch in Wort und Schrift. Bewerber müssen in der Lage sein, schriftliche Fachberichte abzufassen und aktiv an Verhandlungen teilzunehmen.
Zusätzliche Fremdsprachenkenntnisse in den anderen Arbeitssprachen (meist Französisch) der jeweiligen Internationalen Organisation werden ebenfalls gefordert. Je nach Einsatzort können zusätzliche regionale Sprachkenntnisse von großem Vorteil sein.
Die ausgeschriebenen Positionen unterscheiden sich deutlich hinsichtlich der erwünschten praktischen Berufserfahrung. Während bei den zahlenmäßig geringen Nachwuchspositionen in der Regel eine begrenzte Berufserfahrung nach Hochschulabschluss ausreicht, stehen die höheren Positionen nur Kandidaten offen, die auf dem jeweiligen Spezialgebiet über langjährige professionelle Erfahrung verfügen. Von den Bewerbern werden darüber hinaus Kenntnisse über die Aufgaben und Arbeitsweise der betreffenden Internationalen Organisation erwartet.
Auch die Internationalität spielt eine große Rolle: Die Zusammenarbeit mit Personen aus den unterschiedlichsten Ländern und Fachdisziplinen stellt hohe Anforderungen an die soziale Kompetenz der Mitarbeiter. Die Bereitschaft, flexibel auf die lokalen Gegebenheiten am Einsatzort zu reagieren, gilt als ebenso selbstverständlich wie eine ausgeprägte Teamfähigkeit sowie eine ausreichende Belastbarkeit der Bediensteten für den Fall des Einsatzes in Krisengebieten.
Auslandserfahrung ist jedenfalls ein wichtiges Einstellungskriterium. Oft wird in
den Stellenausschreibungen hierfür eine Mindestanzahl an Jahren angegeben, die unbedingt erfüllt sein sollte. Insbesondere Erfahrung in Entwicklungsländern kann abhängig vom jeweiligen Stellenprofil einen hohen Nutzen haben.
Praktikumsmöglichkeiten bieten beinahe alle Internationalen Organisationen, meist für Studierende im fortgeschrittenen Hauptstudium oder Graduierte. Die möglichen Tätigkeiten können in der Aufbereitung von Vorlagen, der Bearbeitung von Statistiken sowie der organisatorischen Vorbereitung und Teilnahme an Sitzungen bestehen. Teilweise kann die Tätigkeit in konkrete Projektarbeit einmünden.
In der Regel dauern Praktika bei Internationalen Organisationen drei bis sechs
Monate. Sie sind zum Teil als standardisierte Praktikumsprogramme organisiert, zum Teil aber auch individuell zugeschnitten. Die Zahl der Praktikumsplätze ist von Organisation zu Organisation unterschiedlich: von einigen wenigen bis zu einigen hundert Plätzen jedes Jahr.
Selbst bei großer Kapazität gilt in den meisten Fällen, dass die internationale Konkurrenz bei der Bewerbung um einen Platz sehr groß ist. Nicht selten gehen zehn Mal mehr Bewerbungen ein als Plätze vorhanden sind. Das bedeutet aber keinesfalls, dass Bewerbungen sinnlos sind; es bedeutet vielmehr, dass der geschickten Auswahl der Organisation - es muss nicht immer die bekannteste und größte sein - und der konkreten Bewerbung großes Gewicht zukommen.
Die Stage der Juristen ist eine Sonderform des Praktikums, denn ob und unter welchen Bedingungen ein Praktikum bei einer Internationalen Organisation als ausbildungsrelevante Station im Rahmen der Referendarausbildung anerkannt wird, ist mit dem zuständigen Landesjustizprüfungsamt zu klären. Da die Bewerbungsverfahren oft von sehr langer Dauer sind, ist es ratsam, sich frühzeitig um einen Platz zu kümmern.
Erfahrungsgemäß kann eine Wahlstation bei den Vereinten Nationen in New York, Genf oder Wien oder an den Internationalen Gerichtshöfen in Den Haag sowie dem UNHCR in Berlin absolviert werden. Bei Interesse an einer Wahlstation, muss die ausbildende Dienststelle der Bewerbung zustimmen und dies durch Gegenzeichnung zum Ausdruck bringen. Für eine Beratung steht das BFIO zur Verfügung.
Büro Führungskräfte zu Internationalen
Organisationen (BFIO), Bonn
Brigitte Schmieg, T: 02 28-7 13-10 73
brigitte.schmieg@arbeitsagentur.de
bonn-zav.bfio
arbeitsagentur.de
www.bfio.de
Der Andrang auf diese Referendarstellen ist groß. Daher ist für das Bewerbungsverfahren mit einem Zeitraum von sieben bis zehn Monaten zu rechnen. Unangenehm ist, dass die Kandidaten erst circa vier bis sechs Wochen vor dem anvisierten Termin von der Organisation Bescheid bekommen, ob sie angenommen wurden. Deshalb ist es ratsam, sich bei mehreren Stellen zu bewerben.
Das BFIO kann keine Stipendien für Referendare vergeben, weil sie weiterhin ein Gehalt von ihrer deutschen Dienststelle erhalten.
Auch das Auswärtige Amt unterstützt bei der Suche nach einem Platz für eine Wahloder Pflichtstation. Und die Ständige Vertretung in Genf vermittelt Interessierte eigenständig an deutsche Volljuristen, die in internationalen
Organisationen tätig sind und sich bereit erklärt haben, deutsche Rechtsreferendare auszubilden. Eine Liste dieser potenziellen Ausbilder findet sich auf der Website der Ständigen Vertretung Genf (www.genf.diplo.de).
zurück