Studiengebühren und das straffe Bachelor-Master-System bringen so manchen im Studium in echte Finanznot. Sind Studienfinanzierungs- kredite dann die schnelle Lösung? Die Jobguide-Redaktion hat das Angebot gescannt.
Die Copy-Karte müsste mal wieder aufgeladen werden? Im Kühlschrank herrscht gähnende Leere? Fürs nächste Seminar wäre dringend das neueste Fachbuch anzuschaffen? Wer studiert, muss ganz schön tief in die Tasche greifen. Das Deutsche Studentenwerk ermittelte: Etwa 700 Euro gibt der akademische Nachwuchs im Monat für Kleidung, Bücher, Essen, Miete und anderes aus. Seit der Einführung der allgemeinen Studiengebühren werden nicht mehr nur Bummelstudenten, sondern bereits Erstsemester noch stärker belastet.
Doch nicht nur die Studiengebühren sind schuld an den studentischen Geldsorgen. Auch für Examenskandidaten sowie Bachelor- und Master-Studenten wird's oft eng. Sie wollen zügig studieren, Praktika absolvieren und schneller in den Beruf einsteigen - da bleibt kaum mehr Zeit fürs Jobben in der Kneipe oder im Call-Center.
Nicht immer können oder wollen die Eltern einspringen. Also zur Bank gehen und einen Kredit aufnehmen? Warum nicht? - Nach einer Umfrage des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands wäre mehr als jeder fünfte Nachwuchsakademiker tatsächlich dazu bereit.
Und so haben inzwischen die meisten Kreditinstitute die Zielgruppe "Student" für sich entdeckt und umwerben sie mit einer Vielzahl von Finanzprodukten, die zwar alle unter dem Obertitel "Studienkredit" firmieren, aber doch unterschiedlich ausgestattet sind. Der meist verbreitete ist der Kredit der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), den auch Finanzinstitute wie die Commerzbank, die Unicredit/HVB Group sowie zahlreiche Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken vermitteln und dafür oft auf eigene Produkte verzichten. Hausgemachte Kreationen für Studierende gibt es dagegen zum Beispiel bei der Deutschen und der Dresdner Bank sowie der Deutschen Kreditbank.
Das Geschäft mit der Studienfinanzierung boomt: Nicht nur die Zahl der Studienbeitragsdarlehen, sondern auch das Angebot an Krediten zur Finanzierung der allgemeinen Lebenshaltungskosten ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. 2008 haben laut einer Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) 60.000 Studierende eine finanzielle Unterstützung bei Banken und Sparkassen beantragt.
Die Konditionen scheinen verlockend: günstige Zinsen, flexible Rückzahldauer, eingebaute Überschuldungsbremse und einige tilgungsfreie Jahre nach dem Abschluss. Sicherheiten werden selten verlangt - in der Regel genügt die glaubhaft vorgetragene Absicht, das Studium zügig zum Abschluss bringen zu wollen.
Doch aus dem schnellen Deal mit der Bank kann auch eine ungewollt intensive Bindung werden. Studenten, die zum Beispiel den KfW-Kredit in Anspruch nehmen und drei Jahre lang monatlich 500 Euro bekommen, müssten nach dem Jobeinstieg fünf Jahre lang 355 Euro pro Monat zurückzahlen, um die 18.000 Euro Schulden plus Zinsen wieder loszuwerden. Denn die meisten Studienkredite müssen - anders als das BAföG-Darlehen - vollständig zurückgezahlt werden. Dabei ist die erste Rückzahlung meist ein bis zwei Jahre nach Ende des Studiums fällig und die Höhe der Raten in der Regel unabhängig vom erzielten Einkommen. Wer in einem schlecht bezahlten Einstiegsjob landet, könnte da Probleme bekommen.
Deshalb sollte - auch wenn es banal klingt - ein Studienkredit immer erst das letzte Mittel sein, raten Verbraucherschützer. Zuvor sollten Studierende alle anderen Möglichkeiten, an Geld zu kommen, abgeklappert haben. Hier sind Kreativität und Beharrungsvermögen gefragt. Nicht nur BAföG, Jobben oder Papis Kreditkarte stopfen die Finanzierungslücke. Auch Voll- oder Teilstipendien von Begabtenförderwerken oder Stiftungen sollten Studierende in Betracht ziehen oder - für Auslandsaufenthalte - europäische Mobilitätsprogramme wie Erasmus oder Leonardo anzapfen. Manchmal lohnt es auch, einen Bücherzuschuss, Wohngeld oder Hartz IV zu beantragen. Und im Notfall hilft der Härtefonds des Studentenwerks.
Manchmal ist ein so genanntes Studienbeitragsdarlehen - ausschließlich zur Finanzierung der Studiengebühren - völlig ausreichend. Anbieter sind hier zum Beispiel die NRW-Bank und vor allem die Landesbanken.
In allen anderen Fällen gilt: Wer einen Kredit aufnehmen will, sollte seinen Bedarf möglichst knapp kalkulieren und sich ein Limit setzen. Denn schon 50 Euro mehr jeden Monat summieren sich im Laufe eines zehnsemestrigen Studiums inklusive Zinsen auf fast 4.000 Euro Schulden zusätzlich. Also: Nur so viel Geld wie nötig für so kurze Zeit wie möglich aufnehmen. Damit bleibt der Schuldenberg wenigstens halbwegs überschaubar.
Bei den Konditionen gilt: Vergleichen lohnt. Nicht immer ist der billigste Kredit - sprich der mit dem niedrigsten Effektivzins - auch der passendste. Studierende sollten bei ihrer Kalkulation zum Beispiel auch darauf achten, ob der Zins über die Laufzeit variiert, wie, wann und in welcher Höhe das Darlehen zurückgezahlt werden muss und ab wann die angefallenen Zinsen zu löhnen sind. Manchmal werden die nämlich schon während des Studiums abgebucht und können nicht gestundet werden.
Den für alle Lebenslagen passenden Rundum-sorglos-Kredit gibt es indes leider nicht. Jeder muss "seinen" Kredit entsprechend seiner persönlichen Bedürfnisse und Vorstellungen finden. Deshalb: bei der Bank genau nach den Bedingungen erkundigen. Wichtig könnte beispielsweise werden, wie flexibel der Kreditgeber mit einer geplanten oder ungeplanten Auszeit umgeht, etwa durch längere Krankheit, einen Auslandsaufenthalt zu Praktikums- oder Studienzwecken oder wegen Elternzeit. Interessant kann auch sein, ob ein Fachwechsel erlaubt ist und was im Falle eines Studienabbruchs passiert.
Und nicht jeder Kredit ist für jeden erhältlich: Einige Institute haben starre Altersgrenzen, verlangen den Nachweis überdurchschnittlicher Studienleistungen oder werden nur regional vergeben. Ein individuelles Angebot zu verlangen ist in jedem Falle ratsam - oft sind die Banken im persönlichen Gespräch viel flexibler als auf dem Papier.
Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh hat die Programme von 33 überregionalen und regionalen Anbietern in einer Vergleichsstudie kritisch unter die Lupe genommen und gibt auf seiner Webseite Tipps für Auswahl und Recherche (www.che-studienkredit-test.de). Einen unabhängigen Online-Vergleichsrechner mit den Angeboten der gängigsten Banken bietet die FMH Finanzberatung (www.fmh.de).
Daniela Breitbart/Ulrike Heitze