Fakt ist: Die Bankenlandschaft mit ihren rund 660.000 Beschäftigten ist im Umbruch. Die Euro- und Finanzkrise hat zutage gefördert, dass viele Banken ihre Geschäftsmodelle neu erfinden sowie an ihrer Wettbewerbsfähigkeit, ihrer Kapitalstruktur und nicht zuletzt an ihrer Größe arbeiten müssen.
Letzteres gilt vor allem in Europa. "Im Vergleich zu den Vereinigten Staaten haben wir in Europa nur ganz wenige Banken von Weltrang", sagt Martin Reitz, Deutschland-Chef des Bankhauses Rothschild. Und das gilt insbesondere für Deutschland, wo die Deutsche Bank der einzige Player ist, der auf der Weltbühne ein Wörtchen mitzureden hat. Konsequenterweise ist ein Thema auf der Tagesordnung der großen europäischen Banken die weitere Internationalisierung des Geschäfts. Die Aussichten dafür seien nach der Krise "grundsätzlich günstig", schreibt die Deutsche Bank Research in ihrer Analyse im Spätsommer 2011: "Angesichts besserer Wachstumsperspektiven und einer niedrigeren Verschuldung dürften westliche Banken weiter in den Schwellenländern investieren, besonders in Asien und Lateinamerika."
Eine große Herausforderung sind für die Branche die durch Basel III und US-Gesetz Dodd-Frank gestiegenen Eigenkapitalanforderungen. "Die höhere Kapitalunterlegung nötigt die Banken zur Disziplin und zwingt sie zu einer Portfoliobereinigung", meint Eva Dewor von der Beratungsgesellschaft Accenture.
Dieser Prozess ist bereits in vollem Gange. Überall stellt die Branche derzeit ihre Geschäftsfelder auf den Prüfstand, um sich von allem zu trennen, womit kein Geld verdient wird. Das hält Rothschild-Chef Martin Reitz ohnehin für fällig, denn vor allem mittelgroße europäische Banken seien in viel zu vielen Geschäftsfeldern vertreten: "Das ist nur wenig profitabel."
So wirft bei der Deutschen Bank zum Beispiel die Vermögensverwaltung zu wenig Gewinn ab. Daher steht nun das gesamte Großkundengeschäft mit institutionellen Anlegern zur Disposition, genauso wie die Vermögensverwaltung in Immobilienanlagen und Hedgefonds. Auch die Commerzbank, die sich eine harte Schrumpfkur - zunächst ohne Stellenbau - verordnet hat, denkt darüber nach, ihre Staats- und Immobilienfinanzierungstochter Eurohypo aufzuspalten.
Im Fokus der strategischen Überprüfung steht vor allem das Investmentbanking. Die UBS zum Beispiel zog sich Ende 2011 aus dem Rennen um einen Platz unter den fünf größten Investmentbanken der Welt zurück, weil sie keine Chance mehr sieht, hier zu gewinnen. Die Sparte soll von 18.000 Mitarbeitern auf 16.000 schrumpfen und sich in Zukunft auf die Abwicklung von Kundenaufträgen und Beratung konzentrieren sowie der Vermögensverwaltung zuarbeiten.
Hoffnungen verknüpft die Branche mit dem weiteren Ausbau des Firmen- und Privatkundengeschäfts - zu dem Ergebnis kommt der "Branchenkompass 2011 Kreditinstitute" von Steria Mummert Consulting. "Um die Kunden zu halten, gilt für die Institute, aktiver um sie zu werben als bisher und sich als kompetente Finanzberater zu etablieren", sagt Kompass-Autor Stefan Lamprecht.
Die Institute stellten deshalb bis 2014 die Finanzberatung von Firmen- und Privatkunden in den Mittelpunkt aller Investitionsaktivitäten. Gleich zwei Drittel der 100 größten Kreditinstitute Deutschlands, stellt Steria Mummert fest, wollten in den nächsten drei Jahren nennenswerte Investitionen in die Finanzberatung für Firmenkunden stecken.
Wenn es bei den Geschäftsbanken schwierig wird, finden Fachleute mit Bank-Know-how Ausweichmöglichkeiten zum Beispiel in der sehr krisenfesten Leasingbranche. Die hatte 2011 ein Wachstum von über elf Prozent und für 2012 rechnet der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) mit einer weiteren, positiven Entwicklung. "Aktuell findet ein vorsichtiger Aufbau von Personal im Vertriebsbereich statt", sagt BDL-Geschäftsführer Horst Fitter. "Neben Mitarbeitern mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund braucht die Branche Spezialisten, die Leasingobjekte bewerten, Wertverläufe prognostizieren und Verkäufe vorbereiten." Meldungen über Stellenabbau bei Banken freuen die Leasingunternehmen daher. Sie hoffen, dass ihren dadurch gute Leute zur Tür hereinspazieren.