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Arbeitsmarkt für Ingenieure und Techniker: Warten auf den Wendepunkt

Foto: Uni Paderborn

Die Wirtschaftskrise hat auch auf dem Stellenmarkt für Ingenieure ihre Spuren hinterlassen. Trotzdem bleiben die Jobperspektiven für die begehrten "Techies" überwiegend gut. Das gilt für 2010 - und langfristig sowieso.

Mit der Finanzkrise ist auch der Stellenmarkt für Ingenieure eingebrochen. 2009 gab es mehr als Dreiviertel (77 Prozent) weniger Jobofferten für Maschinenbauer als im Vorjahr. Für Elektro-Ingenieure waren es knapp 60 Prozent weniger Stellenangebote und die Zahl der Annoncen für Wirtschaftsingenieure brach um 72 Prozent ein. Unterm Strich mussten sich die Ingenieure über alle Fachrichtungen gesehen 2009 mit gut 60 Prozent weniger Stellenangeboten begnügen als noch ein Jahr zuvor.

Der Stellenmarkt-Index, für den der Anzeigenmarktforscher S+H Medien Statistik 22 Stellenmärkte von regionalen und überregionalen Tageszeitungen sowie die fünf größten Onlinejobbörsen auswertet, belegt eindeutig: Die Wirtschaftsflaute hat auf dem Arbeitsmarkt für Ingenieure ganz tiefe Spuren hinterlassen. Trotzdem fällt die Bilanz des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) über die Arbeitsmarktlage positiv aus. "Generell waren Ingenieure 2009 im Vergleich zu anderen Berufsgruppen immer noch gut nachgefragt. Und ihre Jobs erwiesen sich als extrem sicher", sagt Lars Funk, Bereichsleiter Beruf und Gesellschaft beim VDI in Düsseldorf. "Selbst Unternehmen, die mit massiven Auftragsrückgängen zu kämpfen hatten, verzichteten bislang gerade bei ihrem technischen Personal auf Entlassungen, weil ihnen bewusst ist, dass sie im Aufschwung nur sehr schwer qualifizierten Ersatz finden werden."

So waren Ende 2009 nach Angaben des VDI trotz Krise nach wie vor 50.000 Ingenieurstellen offen, für die Arbeitgeber händeringend Kandidaten suchten. Und auch die Zahl der arbeitslosen Ingenieure stieg im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund der schwierigen Wirtschaftslage nur vergleichsweise moderat von 21.000 auf 27.000 an. VDI-Mann Funk ist deshalb überzeugt: "Konjunkturbedingt dürfte die Ingenieurlücke erst in einigen Monaten wieder so richtig offenkundig werden. Trotzdem werden sich auch 2010 für Ingenieure weiter gute Jobchancen ergeben."

Das meint auch Detlef Sauer, Stellenmarktforscher und Geschäftsführer von S+H Medien Statistik: "Der massive Rückgang bei den Jobofferten im Jahr 2009 hat vor allem damit zu tun, dass in Krisenzeiten die Wechselbereitschaft - wie bei Angestellten generell - auch bei Ingenieuren auf ein Minimum sinkt. Selbst wer mit seinem derzeitigen Arbeitgeber sehr unzufrieden ist, riskiert in Krisenzeiten in aller Regel nicht, zu einem neuen Arbeitgeber zu wechseln. Denn dort kann er ja innerhalb der Probezeit ohne Angaben von Gründen entlassen werden."

Sinkende Fluktuation lässt den Stellenmarkt also insgesamt schrumpfen: "Bei mindestens 90 Prozent der Stellen, die über Anzeigen ausgeschrieben werden, geht es um Nachbesetzungen. Wenn also weniger Leute von sich aus gehen, müssen die Arbeitgeber auch keine Nachfolger suchen", sagt Sauer nach jahrelanger Marktbe­o­bachtung. Das bedeutet im Umkehrschluss: Sobald die Konjunktur wieder anzieht, wird die Zahl der Jobwechsel und damit auch der Stellenangebote sprunghaft ansteigen und die stetig wachsende Fachkräftelücke in voller Wucht zutage treten. In den nächsten fünf Jahren - sagt der VDI - werden pro Jahr 37.000 Ingenieure gesucht werden. Da derzeit aber pro Jahr nur 35.000 Absolventen die Hochschulen verlassen, staut sich unweigerlich ein Mangel an.

Nach dem Jahr 2015 wird es für die Arbeitgeber ganz hart, denn dann werden es sogar 43.000 Ingenieurstellen sein, die bei den Unternehmen pro Jahr besetzt werden müssen. Der Grund: Die Ingenieure aus der Generation der geburtenstarken Jahrgänge gehen allmählich in Rente. Bis zum Jahr 2020, sagt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), werden rund 470.000 Ingenieure aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Diese Zahl entspricht etwa der Hälfte der angestellten Ingenieure, die zurzeit in der Wirtschaft tätig sind.
Kein Wunder also, dass die Unternehmen - anders als in der Krise der 90er Jahre - diesmal auf Biegen und Brechen ihre Mitarbeiter halten wollen. Im Frühjahr 2009 fand das IW bei einer Umfrage unter 3.900 Betrieben heraus, dass trotz der schlechten Wirtschaftslage nur jedes 14. Unternehmen plante, Ingenieurstellen abzubauen. Zwei Drittel der Betriebe wollten die Zahl ihrer Ingenieure mindestens konstant halten und immerhin ein Viertel plante sogar, sie aufzustocken.

Insgesamt waren daher auch im Krisenjahr 2009 die Ingenieure wieder die heißest begehrten Akademiker auf dem Arbeitsmarkt. Insgesamt lagen die in den Print- und Onlinejobbörsen ausgeschriebenen Jobangebote für Ingenieure laut dem Stellenmarkt-Index von S+H Medien Statistik bei 42.932.
Während die Ingenieure insgesamt über alle Fachrichtungen hinweg auf deutlich weniger Stellenanzeigen zurückgreifen konnten, gab es Unterschiede unter den Fachrichtungen: an Ingenieure der Klimatechnik richteten sich mit 797 fast genauso viele Offerten wie noch im Boomjahr 2008 (minus 1,1 Prozent). Auch Ingenieure im Bereich Energie und Ökologie kamen relativ glimpflich davon: Mit 1.275 Stellenangeboten verbuchten sie "nur" ein Minus von 34 Prozent. Auch der Arbeitsmarkt für Bauingenieure erwies sich 2009 als vergleichsweise stabil: Mit 11.819 Stellenangeboten hatten sie nur knapp 27 Prozent Einbuße, denn die Bauwirtschaft erlebt zurzeit eine Art Sonderkonjunktur, profitiert sie doch ganz besonders von den staatlichen Konjunkturprogrammen.

Für 2010 fallen die Prognosen der Arbeitsmarkt-Experten für die einzelnen Industriesegmente höchst unterschiedlich aus: Während der Maschinenbau sich weiterhin auf magere Zeiten einstellt und erst im zweiten Halbjahr Besserung erwartet, glaubt die Elektroindustrie bereits das Schlimmste hinter sich zu haben und geht nach einem wirtschaftlich schlechten Jahr von einem guten Jahr 2010 aus. Nachdem die Produktion im Krisenjahr um 22 Prozent zurückgegangen war, erwartet der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie (ZVEI) 2010 wieder einen Anstieg um drei bis vier Prozent. Sonja Dulitz, Bildungsexpertin beim ZVEI sprach im Frühjahr deshalb auch bereits wieder über eine große Zahl von Stellen für Ingenieure, die nicht besetzt werden können: "Rund 9.500 Absolventen der Elektro- und Informationstechnik jährlich stehen in der Industrie einem Bedarf von etwa 14.000 gegenüber", sagt die Referentin in der Abteilung Forschung, Berufsbildung und Fertigungstechnik. Allein Siemens suche derzeit um die 1.200 Ingenieure.

2010 wird für die Industrie noch einmal ein hartes Jahr werden - und vermutlich auch für so manchen Ingenieur. Sich aber ernsthaft Sorgen zu machen, dass man als Ingenieur morgen seine Brötchen nicht mehr verdienen kann, ist völlig unangebracht. Auch eine Entwicklung wie zu Beginn der 90er Jahre, als viele Industrie­unternehmen einfach keine jungen Ingenieure mehr einstellten und daraufhin immer mehr junge Menschen davon Abstand abnahmen, Ingenieurwissenschaften zu studieren, scheint sich nicht zu wiederholen.

Wer in der Industrie direkt keinen festen Arbeitsplatz bekommt, heuert heute in der Regel bei Ingenieurdienstleistern wie Hays oder Ferchau an. "Diese Arbeitgeber spielen mittlerweile für Ingenieure eine ähnliche Rolle wie für junge Nachwuchstalente aus der Betriebswirtschaft die großen Strategieberatungen", urteilt VDI-Mann Lars Funk. Ingenieure, die in ihren ersten Berufsjahren möglichst viele Unternehmen, Branchen und Kulturkreise kennenlernen möchten, können bei Projektdienstleistern vielfältige Erfahrung sammeln. Julia Leendertse

 
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