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Wachsen durch die Megatrends

Der Chemieindustrie geht es gut und sie hat Aussicht auf weiteres Wachstum, weil sie an den großen Herausforderungen unserer Zeit arbeitet: dem Klimawandel, der Nutzung regenerativer Energien sowie Nahrung und Gesundheit für eine wachsende Weltbevölkerung. Auch die Pharmabranche wächst, ist aber in Bedrängnis, weil der Patentschutz bei vielen Bestsellern ausläuft.

>>>Chancen

Die Chemieindustrie hat nach der Krise einen beeindruckenden Aufschwung hingelegt und weitete 2011 erstmals seit 20 Jahren ihre Beschäftigung aus - um 6.200 auf insgesamt 420.000 Stellen. Proppenvolle Auftragsbücher, weiter steigende Nachfrage aus Asien, Latein­amerika und Osteuropa sowie hohe Liquiditätspolster sprechen laut Wirtschaftswoche dafür, dass es die Exportbranche 2012 beim Wachstum erneut auf ein Plus von zwei Prozent bringen dürfte und bei der Beschäftigung auf einen Zuwachs von 0,5 Prozent - also 2.100 zusätzliche Stellen.

25 Prozent der europäischen Chemieproduktion erfolgt in Deutschland - mehr als die Deutschen produzieren weltweit nur noch die USA, China und Japan. Und zuletzt lief es gut in der Branche: Nach einem Umsatzwachstum von 17,8 Prozent in 2010 auf rund 171,1 Milliarden Euro rechnete der Verband der Chemischen Industrie (VCI) kurz vor Jahresende damit, 2011 mit einem Plus von zehn Prozent abzuschließen und hofft, erstmals die 180-Milliarden-Euro-Grenze zu knacken. Dass die Betriebe dafür mehr Fachkräfte brauchen, liegt auf der Hand. So wuchs die Zahl der Beschäftigten bis zum 3. Quartal 2011 um mehr als 6.000 auf nunmehr 421.000 Mitarbeiter.

Kein Wunder, dass die Chemieindustrie derzeit fast euphorisch über ihre Lage spricht. "Es brodelt in den Kesseln der Chemie wie nie zuvor", sagt VCI-Präsident Klaus Engels. Die Zeichen stünden auf Wachstum - und damit wachse auch die Nachfrage nach Chemikern, Verfahrenstechnikern, Chemieingenieuren, Bio­technologen und Spezialisten aus der Elektrochemie.

In einigen Spezialgebieten werde diese Nachfrage künftig besonders ausgeprägt ausfallen - zum Beispiel in der Toxikologie, der Elektrochemie, der Makromolekularen Chemie, in den Materialwissenschaften und in der Grenzflächenchemie und -physik, prognostiziert Gerd Romanowski, Geschäftsführer Wissenschaft, Technik und Umwelt beim VCI. "Die dynamische Entwicklung in den Grenzflächenwissenschaften spiegelt den wachsenden Bedarf in der Nanotechnologie wider, einem Technologiefeld, in dem die deutschen Chemieunternehmen weltweit eine führende Rolle spielen." Jobchancen entstehen auch durch den demografischen Wandel: In der ostdeutschen Chemie gehen zwei Drittel der Beschäftigten im nächsten Jahrzehnt in den Ruhestand.

Neue Möglichkeiten für Märkte und Jobs ergeben sich aber vor allem durch die großen Herausforderungen unserer Zeit: den Klimawandel, die Nutzung regenerativer Energien sowie Nahrung und Gesundheit für eine wachsende Weltbevölkerung. An diesen Megatrends hat zum Beispiel BASF seine Forschung orientiert und dabei fünf "Wachstumscluster" definiert: Energiemanagement, Pflanzenbiotechnologie, weiße Biotechnologie, Nanotechnologie und Rohstoffwandel. Das Unternehmen investiert stark in die Entwicklung neuer Pflanzenschutzmittel und genmodifizierter Pflanzen sowie in Syntheseverfahren mit Hilfe von Biokatalysatoren und Fermentation. Ein neues Geschäftsfeld soll zudem die organische Photovoltaik werden, bei der organische Materialien zur Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie dienen.

Ein großes Thema ist auch, dass in drei bis vier Jahrzehnten die Erdölreserven zu Ende gehen und die Chemie eine neue Rohstoffbasis braucht. Die will sie sich erschließen durch die stoffliche Nutzung von Biomasse in Bioraffinerien. Diese sollen Ethylen, Propylen, Benzol, Toluol und Xylole produzieren - Basischemikalien, auf denen die gesamte organische Chemie aufbaut - und überdies noch Faserwerkstoffe, Futtermittel, Kraftstoffe und grünen Strom liefern. Derzeit treiben weltweit Forscher aus der Chemie und dem Anlagenbau das Thema und erste Pilotanlagen voran.

Auch in der Pharmaindustrie hat sich die Windrichtung gedreht. Noch im Herbst 2010 legten die großen Pharmakonzerne ihre Sparpläne auf den Tisch und präsentierten umfängliche Stellenstreichungen. 2011 kehrte wieder Zuversicht ein, vor allem, was die Langfristperspektiven angeht. So legte die Unternehmensberatung Roland Berger im Sommer 2011 eine Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums vor. Derzufolge wächst der globale Gesundheitsmarkt bis 2030 jährlich um sechs Prozent und soll dann bis zu 20 Billionen US-Dollar schwer sein. Der Grund: die wachsende Weltbevölkerung und steigende Pro-Kopf-Ausgaben für die Gesundheitsversorgung. Die größten Wachstumsraten würden Russland, Vietnam (beide +13 Prozent) und China (+12 Prozent) verzeichnen. Davon profitierten, sagt die Studie, die deutsche Pharmabranche und die Medizintechnik, die bereits heute beim Export führend seien.

Aber auch im deutschen Heimatmarkt soll es 2012 ein Umsatzwachstum geben, prognostiziert Dr. Karl-Heinz Scheunemann, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg. Weil die Bevölkerung immer älter wird, hätten "besonders die deutschen Pharmakonzerne gute Chancen, 2012 kräftig zuzulegen". Erste Auswirkungen waren schon in den Stellenangeboten der Pharmaunternehmen ablesbar. 2011 stieg die Zahl der Offerten für akademische Fachkräfte gegenüber Vorjahr um rund vier Prozent, die für nicht-akademische sogar um rund 13 Prozent. Gesucht wird vor allem für den Vertrieb - gegenüber dem Vorjahr stieg hier die Zahl der offenen Stellen um zehn Prozent (fast 3.000 Stellen) und sogar um ein Drittel im Marketing. Vermehrt gesucht werden neben Pharmazeuten, Medizinern und Chemikern neuerdings auf den oberen Führungsebenen der Unternehmen auch Gesundheitsökonomen, die politische Entscheidungen und gesellschaftliche Trends abschätzen könnten, sagt Michael Leysieffer, der als Partner der Personalberatung Kienbaum für das Geschäft mit der Pharmabranche zuständig ist. Wichtigste Funktion der Branche ist aber die Forschung und Entwicklung. Denn die Pharmafirmen müssen immer neue Medikamente in der Pipeline haben, weil der Patentschutz für ihre Originalpräparate ausläuft und Nachahmerprodukte (Generika) ihnen dann den Umsatz streitig machen.

Das erklärt auch das große Interesse der Konzerne an Investments und Zukäufen in der Biotech-Branche. Sie macht hierzulande einen Umsatz von mehr als 2,4 Milliarden Euro, die mit rund 32.500 Mitarbeitern erwirtschaftet werden und hat seit 2010 einen Wachstumsschub erlebt. Sie ist ein wichtiger Innovations-Zulieferer der Pharmaindustrie und daher sichert sich diese den Zugriff auf Innovationen, indem sie sich beteiligt oder Biotech-Unternehmen übernimmt.

Foto: SXC/ZoofyTheJi

>>>Risiken

In besonderer Weise muss die Pharmaindustrie international mit politischen Eingriffen in ihre Märkte leben. So sanken 2010 nach Berechnungen des Schweizer Bankhauses UBS die Preise für Medikamente in Folge staatlicher Eingriffe weltweit um fünf Prozent. Und 2011 setzte sich das fort. In Deutschland zwang der Gesetzgeber die Konzerne dazu, auf den Normalpreis ihrer Medikamente einen Rabatt von 16 Prozent zu gewähren. Die Behörden werden zudem künftig bei der Preisfindung für neue Arzneien mitbestimmen.

In Großbritannien steht 2013 eine Reform der Arzneimittelpreise ins Haus, in Italien drückt ein laufendes Sparpaket auf die Preise von Nachahmerpräparaten sowie von Originalpräparaten, deren Patentschutz ausgelaufen ist. In Spanien sollen Ärzte künftig nur noch eine Wirkstoffklasse statt eines bestimmten Markenpräparats verordnen und der Apotheker dann das günstigste Produkt abgeben - ähnlich wie dies in Deutschland bereits gehandhabt wird. So rechnen Experten allein für 2012 auf dem europäischen Pharmamarkt mit einem Preisrückgang von zehn Prozent. Hinzu kommt, dass bei den großen Konzernen 2012 gleich reihenweise Patente auslaufen, die bislang absolute Umsatzbringer waren. "Bis 2013 laufen Medikamentenpatente in einem Umsatzumfang von rund drei Milliarden Euro allein in Deutschland aus", sagte Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Verbandes Pro Generika, der Wirtschaftswoche. Wenn Generika-Produzenten auf den Plan treten, fällt der Umsatz bei den Originalpräparaten in der Regel auf die Hälfte.

So müssen etwa Sanofi-Aventis und Bristol-Meyers Squibb im Laufe des Jahres den Markt für ihren Blutverdünner Plavix mit der Kopier-Konkurrenz teilen, bei Novartis läuft der Blutdrucksenker Diovan aus, gleiches gilt für das Mittel gegen Schizophrenie Zyprexa von Eli Lilly. Diese Medikamente zählen weltweit zu den zehn umsatzstärksten Mitteln - und das Auslaufen dieser Patente dürfte nach Berechnung der Rating-Agentur Fitch zusammen einen Verlust von 50 Milliarden US-Dollar verursachen.

Auch deutsche Unternehmen sind davon betroffen, etwa der Bayer-Konzern, der gleich einige europäische Patente, etwa für die Antibabypille Yasmin, verliert. Um solche Verluste aufzufangen, müssen die Konzerne auf Fusionen und Übernahmen setzen, aber auch weiter in die Forschung investieren. So sollen zwar in den nächsten zwei Jahren zahlreiche Arznei-Projekte erfolgreich abgeschlossen werden. Aber eine Garantie, dass auch die nächsten Blockbuster darunter sind, gibt es nicht.

Zudem droht den Pharma-, aber auch den Chemie- und Biotechunternehmen, verstärkt Konkurrenz aus den Schwellenländern. Inzwischen verlagert sich nicht nur die Produktion in Länder wie Brasilien, Russland, Indien oder China, sondern gerade Indien und China haben sich schon zu wichtigen Produzenten von Pharma-Grundstoffen entwickelt. Noch retten strenge Vorgaben für Medikamente in Europa und den USA die Konzerne vor der Billigkonkurrenz. Aber die Schwellenländer holen auf. "Das Vorurteil, Chinesen seien nur Meister im Kopieren, ist schon lange widerlegt", sagt Klaus-Peter Gushurst, Deutschland-Chef der Unternehmensberatung Booz.
Julia Leendertse

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