Und Christian Veith, Deutschlandchef der Boston Consulting Group, glaubt, dass Unternehmen neben Wachstumsstrategien und Projekten zur Effizienzsteigerung vor allem Rat benötigen bei der Erweiterung und Bereinigung ihrer Portfolios. Was Wachstum und Beschäftigung der Branche angeht, gibt sich die Beraterzunft daher für 2012 zuversichtlich. Mit einem Umsatzplus von zehn Prozent im Jahr 2011 im Rücken geht sie gut gestimmt ins neue Jahr, stellt das Marktforschungsinstitut Lünendonk fest. Den Branchenumsatz berechnet der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) auf 20 Milliarden Euro. "Auch wenn sich im letzten Quartal 2011 erste Bremsspuren in den Auftragsbüchern zeigten, gehen wir davon aus, dass wir 2012 ein Wachstum im einstelligen Bereich sehen werden", sagt BDU-Präsident Antonio Schnieder.
Dabei ist der Beratungsmarkt in Deutschland mit mehr als 14.000 Beratungsfirmen und 117.500 Mitarbeitern - darunter 87.350 Berater - äußerst heterogen. Dominiert wird er von tausenden mittelständischen und kleinen Beratungsgesellschaften sowie vielen Einzelberatern, die - teils nach langjähriger Zeit im Management der Industrie - noch einige Jahre als Consultant unterwegs sind.
Inhaltlich angeführt wird das Geschäft aber von großen, international agierenden Beratungsunternehmen wie McKinsey, Boston Consulting Group, Bain oder Booz, die ihre Klienten aus dem Dax und dem gehobenen Mittelstand bereits seit Jahren bei grenzüberschreitenden Aktivitäten begleiten. Diese Top-Strategieberatungen nehmen für sich in Anspruch, in einer eigenen Liga zu spielen und bieten ihren Mandanten als Fullservice-Dienstleister die gesamte Bandbreite von der Strategie- bis hin zur umsetzungsorientierten Prozessberatung an.
War jedoch noch zu Beginn des Jahrtausends der Markt in Deutschland sehr klar als Zwei-Klassengesellschaft geordnet, so ist das inzwischen längst nicht mehr der Fall. Zunehmend haben nämlich in vergangenen Jahren mittelgroße Beratungsgesellschaften, die auf bestimmte Fachgebiete oder Branchen spezialisiert sind, an Renommee und Marktanteilen gewinnen können. Typische Beispiele sind der Pricingspezialist Simon Kucher & Partners und die auf Controlling und Unternehmenssteuerung fokussierte Beratungsfirma Horváth & Partners.
Auf dem Arbeitsmarkt für Berater wirkt sich die Branchenentwicklung derzeit so aus, dass sieben von zehn Management-Beratungen in Deutschland lautstark über Fachkräftemangel klagen, wie die VDI Nachrichten melden. Bei einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Lünendonk unter 60 Beratungsunternehmen gaben 72 Prozent an, dass der Mangel an qualifiziertem Personal ihre weitere Geschäftsentwicklung "sehr stark" oder "stark" behindere. Damit habe der "War for Talent" die Finanzkrise als größtes Hindernis für den Unternehmenserfolg in der Beraterbranche abgelöst, sagt der Marktforscher Lünendonk.
Die offiziellen Recruitingzahlen der Topberatungen bestätigen dies: McKinsey und Boston Consulting Group planen in Deutschland jeweils mehr als 200 Neueinstellungen, Roland Berger Strategy Consultants rund 150, A.T. Kearney will 100 neue Mitarbeiter an Bord nehmen, davon rund 50 mit zwei bis vier Jahren Berufserfahrung.
Ein Grund für die hohen Bedarfe liegt bei den zehn umsatzstärksten Beratungsunternehmen in der Fluktuationsrate, die mit 14,3 Prozent deutlich höher liegt als die durchschnittliche Berater-Fluktuationsrate von knapp über zehn Prozent.
Im Schnitt ist der deutsche Berater 37 Jahre alt. Nur jeder fünfte ist weiblich. Die Mehrheit - mit 53 Prozent - hat Wirtschaftswissenschaften studiert, aber es sind auch viele Ingenieure (19 Prozent) sowie Naturwissenschaftler und Informatiker (je zehn Prozent) darunter. McKinsey, BCG, Oliver Wyman und Simon Kucher geben zudem hochtalentierten Geisteswissenschaftlern eine Chance.
Neben Absolventen suchen die Beratungen inzwischen allerdings auch verstärkt nach berufserfahrenen Spezialisten, die in IT, Vertrieb oder Social Media über rares Wissen verfügen oder sich an der Schnittstelle verschiedener Disziplinen geschmeidig bewegen können. Besonders hochkarätige Spezialisten buchen die Beratungshäuser teilweise auch als Berater auf Zeit, anstatt sie selbst fest einzustellen.
Auch die Wirtschaftsprüfer hierzulande müssen sich 2012 keine großen Gedanken über ihre Jobperspektiven machen. Die Nachfrage nach Wirtschaftsprüfern wie nach Steuerberatern steige weiter, sagte Judith Wüllerich, Arbeitsmarktexpertin der Bundesagentur für Arbeit dem Handelsblatt. Gerade mal 180 der rund 14.200 Wirtschaftsprüfer hierzulande waren im November 2011 arbeitslos gemeldet.
Die Gründe dafür liegen zum einen in der "Finanzkrise Teil II", die den Bilanzexperten eher in die Hände spielt, denn gerade in Krisenzeiten steigt der Beratungsbedarf der Wirtschaft. Überdies müssen Finanzdienstleister ebenso wie die Industrie noch strengere Regularien des Gesetzgebers erfüllen und transparenter werden, was ihre Risiken anbelangt. Und drittens steht der WP-Branche ein Generationswechsel bevor, was für Neueinsteiger wie Jobwechsler gute Jobchancen verspricht.
Die größten Arbeitgeber der Branche sind die Weltmarktführer PricewaterhouseCoopers (PwC), KPMG, Ernst & Young und Deloitte. Sie haben für 2012 angekündigt, jeweils zwischen 1.500 und 1.600 Hochschulabsolventen zu rekrutieren. Da die "Big Four" als die unangefochtenen Top-Jobadressen gelten und durch die Bank erhebliche Summen in die Aus- und Weiterbildung ihres Nachwuchses investieren, sind sie bei Nachwuchskräften aus den Wirtschaftswissenschaften, der Juristerei und dem Wirtschaftsingenieurwesen entsprechend beliebt.
"Im Schnitt erhalten wir im Jahr 40.000 Bewerbungen und stellen davon nur die besten Talente ein.D ie talentiertesten Leistungsträger erhalten die Chance, in der Hierarchie als Partner aufzusteigen. Viele nutzen jedoch die Möglichkeit, nach ein paar Jahren auf die Kundenseite zu wechseln und steigen dann zum Beispiel als kaufmännischer Leiter bei einem Unternehmen ein", sagt Georg Graf Waldersee, Deutschlandchef von Ernst & Young. Entsprechend hoch ist die Fluktuationsrate bei den Big Four.
Nicht zuletzt, weil die EU angekündigt hat, die Übermacht der Big Four zu brechen, ist der Mittelstand in der Wirtschaftsprüferbranche im Aufwind. Hier hat es in den vergangenen Jahren einige Fusionen und Übernahmen gegeben und so wird der Einstieg bei einer der mittelgroßen Gesellschaften wie BDO, Rödl & Partner oder Ebner Stolz Mönning Bachem immer attraktiver. "Sie investieren in die eigene Internationalisierung und bieten Quereinsteigern wie Nachwuchskräften attraktive Aufstiegschancen", weiß Hellmuth Wolf, Partner der Executive Search-Beratung Signium International. Und wie bei den vier Branchengiganten sei es inzwischen auch bei etlichen mittelständischen Sozietäten üblich geworden, ganze Spezialistenteams von Wettbewerbern abzuwerben.