Neuer Job - neues Gehalt
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>>> Um welche Beträge geht’s im Jobgespräch?
In der Regel wird über Jahresgehälter verhandelt, manche Unternehmen rechnen Weihnachts- und Urlaubsgeld in diese Summe ein, andere nicht. Die exakte Zusammensetzung sollte man daher vor Vertragsunterschrift unbedingt klären, weil ein Missverständnis leicht ein paar Tausend Euro pro Jahr kostet. Ebenso zu vereinbaren: Gibt es leistungsabhängige Boni oder Tantiemen? Welche Leistung wird dafür erwartet? Erscheint sie Ihnen realistisch und annähernd erfüllbar? Gibt es Altersvorsorge, Jobticket, Kantinenzuschuss oder ähnliches?
>>> Welche Rolle spielen variable Gehälter?
Seit einigen Jahren auf dem Vormarsch ist die variable Vergütung. Waren es früher nur leitende Angestellte, die erfolgsabhängige Boni oder Prämien bekamen, hält dieser Vergütungsbaustein auch bei Fachkräften immer mehr Einzug. So werden Geschäftsführer nach einer Personalmarkt-Analyse durchschnittlich zu 19 Prozent variabel bezahlt, also geknüpft an berufliche Erfolge, teilweise auch darüber. Führungskräfte in einzelnen fachfunktionen liegen allerdings niedriger: Ein Produktionsleiter etwa hat durchschnittlich nur sieben Prozent variablen Anteil, ein F&E-Chef, IT- oder Personalleiter kommt im Schnitt auf elf Prozent Risiko und Chance im Vergütungspaket, bei Finanzchefs sind es schon 14 Prozent und bei Vertriebs- und Marketingchefs rund 16 Prozent. Fachkräfte werden aktuell zu zwei bis acht Prozent variabel vergütet, in einigen Funktionen, ganz besonders im Vertrieb, können es aber auch mehr werden.
Grundsätzlich gilt: Im ersten Berufsjahr fallen variable Gehaltsbestandteile wie Prämien oder Bonuszahlungen noch eher gering aus, außer möglicherweise bei Marketing- und Vertriebsjobs. Aber ab dem zweiten Jahr etablieren sich immer mehr variable Vergütungsbestandteile, die nur bei Erreichen einer bestimmten individuellen Leistung oder einem geplanten Erfolg des Unternehmens gezahlt werden.
Leider neigt so manch geiziger Chef dazu, die Trauben so hoch zu hängen, dass es unmöglich ist, die volle Prämie zu bekommen. Hier sollte man – sofern machbar – frühzeitig gegensteuern und auf Ziele pochen, die mit ein bisschen Anstrengung auch zu schaffen sind. Clever sind Teilziele: Wer zum Beispiel 50 Prozent der Anforderung geschafft hat, erhält 50 Prozent der Prämie etc. Um sich bei der Zielerfüllung nicht allzu sehr zu verzetteln, sollte man nicht mehr als etwa fünf Ziele vereinbaren.
Der Haken an der variablen Vergütung: In wirtschaftlich mauen Zeiten fällt es oft schwer, die an Bonus, Prämie et cetera geknüpften Leistungen voll zu erfüllen. Ergo fällt der Bonus magerer aus als in Top-Zeiten. Oder die Boni sind stark an individuelle Ziele geknüpft und der Unternehmenserfolg kann in Krisenzeiten mit dem Erfolg der einzelnen Mitarbeiter nicht mithalten. Die Firma zahlt also drauf.
Deshalb ist der Anteil der variablen Vergütungsbestandteile seit der Wirtschaftskrise eher rückläufig. Denn Mitarbeiter pochen wieder deutlich stärker aufs Festgehalt und verzichten dafür auf hohe Boni. Und viele Unternehmen kommen diesen Wünschen auch verstärkt nach. Zudem stellen einige Firmen ihre Bonus-Systeme komplett um und gewähren diese Extras nun eher für langfristige Erfolge und über längere Zeitperioden hinweg.
>>> Was kann ein Jobwechsel bringen?
In der Vergangenheit war es normal, dass man sich beim Jobwechsel auch finanziell deutlich verbesserte. Das ist spätestens seit der Wirtschaftskrise nicht immer durchsetzbar. So hat in manchen Branchen wie etwa den Banken und im Fahrzeug- und Maschinenbau zwischenzeitlich mal eine „Gehaltskorrektur“ bei den Neueinstellungen getobt, die die Unternehmen nun in unterschiedlichem Tempo aufholen. Falls jemand also in einer absoluten Hochphase mit einem Spitzengehalt in seinem alten Unternehmen eingestiegen ist, kann es möglich sein, dass er im neuen Job nicht oder nur schwer auf gleichem Niveau anknüpfen kann. Eine gute Vorrecherche zum aktuellen Gehaltsniveau in der angepeilten Branche ist da hilfreich. Derzeit sind manche Branchen auch so stark im Wandel begriffen – etwa durch technologische oder strukturelle Entwicklungen –, dass es nun vor allem von der Passgenauigkeit des Bewerbers abhängt, wie viel für eine neue Stelle drin ist.
Je spezialisierter die Stelle und je seltener und stimmiger der Bewerber, desto größer die Chancen auf das lange Ende der Wurst. Deshalb: Argumentieren Sie mit dem speziellen Mehrwert, den Sie durch Ihre einschlägige Berufserfahrung für genau diesen einen Job mitbringen!
Unterm Strich lässt sich feststellen, dass die Zeiten für eine finanzielle Verbesserung bei einem Jobwechsel derzeit besser stehen als noch vor ein, zwei Jahren. Gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte sind fast überall wieder gefragt – und das schlägt sich natürlich auch in den Jobofferten nieder. Nach einer Studie des Zeitarbeitsunternehmens Experis verdienen 56 Prozent der Jobwechsler mehr als in der vorangegangenen Stelle (Männer 61, Frauen 50 Prozent).
>>> Muss der Gehaltswunsch in die Bewerbung?
Fordert eine Stellenanzeige einen Gehaltswunsch, wäre es dumm, die Bitte zu ignorieren. Formulieren Sie kurz und bündig wie etwa „Ich möchte rund xy Euro verdienen“ oder „Mein Gehaltswunsch liegt bei etwa xy Euro, wobei ich diesen Betrag vom Aufgabenumfeld abhängig mache.“
Natürlich kann man sich auch über den Wunsch hinweg setzen, muss aber damit rechnen, dass das den Personaler verärgert und man sich rauskegelt, bevor es richtig losgeht. Ist man der heiß begehrte Kandidat schlechthin, wird der Personaler darüber hinweg sehen, aber in engen Jobmärkten macht man sich damit nur das Leben schwer. Viele Personalabteilungen telefonieren bei interessanten Bewerbern der offenen Gehaltsangabe nach. Ergo hat man durchs Weglassen nichts gewonnen, außer dass der Personaler mehr Arbeit hat. Überflüssig.
>>> Wann geht’s im Jobgespräch ums Gehalt?
Wurde bis zum Ende des ersten Treffens das Gehalt von Seiten des Unternehmens noch nicht angesprochen, bringen Sie es aufs Tapet, ohne es groß auszuwalzen oder gar eine Zahl in den Raum zu werfen. Ein neutrales „Ich nehme an, die vertraglichen Konditionen werden wir in unserem zweiten Termin besprechen“ reicht. Ziel des Ganzen ist lediglich, dem Personaler zu signalisieren, dass man dem Thema die nötige Wichtigkeit beimisst.
Richtig verhandelt wird in der Regel erst beim zweiten Termin. Bis dahin soll sich das Unternehmen erst mal so richtig in Sie verlieben und Sie unbedingt haben wollen. Das bessert Ihre Chance auf ein brauchbares Einstiegsgehalt.
>>> Was, wenn der Personaler nach dem Gehaltswunsch fragt?
Farbe bekennen und eine Summe nennen. Bevor Sie aber eine Zahl in den Ring werfen, sollten Sie sorgfältig recherchieren, wie die Branche zahlt, wie solch eine Position vergütet wird und wie es der Firma geht. Zapfen Sie möglichst viele Quellen an. Die Infos brauchen Sie auch, um ein Angebot der Firma einschätzen und Einwände des Personalers gegen Ihre Zahlen parieren zu können.
Wichtig: Wischiwaschi-Wünsche – „Irgendetwas zwischen 40.000 und 70.000 Euro“ – oder klein kariertes Feilschen um den letzten Euro kommen ganz schlecht an.
>>> Wie viel Verhandlungsspielraum habe ich?
Die Verhandlungsposition eines Kandidaten bestimmt sich auch im Bewerbungsgespräch nach Angebot und Nachfrage: Wer mit seinem Spezialwissen auf eine ganz bestimmte Stelle wie angegossen passt, hat bessere Karten als ein durchschnittlich ausgebildeter Mitbewerber und kann bei seinem Einkommenswunsch ein bisschen kräftiger zulangen.
Grundsätzlich haben Unternehmen aber ziemlich genaue Vorstellungen, innerhalb welcher finanziellen Bandbreiten sie sich bei einer Position bewegen können, ohne sich ihr internes Gehaltsgefüge zu zerschießen. Doch ob grünes Licht schon am oberen Ende der Bandbreite gegeben wird oder der Bewerber billig eingekauft wird, hängt von dessen Passgenauigkeit ab. Und natürlich von seinem Geschick, seine Vorzüge entsprechend rüberzubringen.
Was bei Personalern zieht, sind Alleinstellungsmerkmale, Spezialistentum. Führungs- und Auslandserfahrung etwa bringen mittlerweile viele Bewerber mit. Das entscheidende i-Tüpfelchen sind Themen und Know-how, mit denen das Unternehmen seine Probleme lösen kann.
>>> Wie stark darf ich eigentlich pokern?
Um beim Zielgehalt herauszukommen, ist es normal, dass man zu Beginn noch ein Quäntchen drauflegt, um sich herunterhandeln zu lassen. Wer aber mehr als 20 Prozent über dem realistischen Wert ansetzt, kegelt sich aus dem Rennen. Und: In für ein Unternehmen schwierigen Zeiten empfiehlt sich exzessives Feilschen nur, wenn man auf die Stelle wie die Faust aufs Auge passt und das entsprechend rüberbringen kann. Eine Vorrecherche zur Lage der Firma ist also sehr sinnvoll.
Geht es dem Unternehmen blendend, dürfte man etwas entspannter verhandeln können. Aber: Ein gutes Gehalt rückt eine Firma nicht allein deshalb raus, weil die Auftragsbücher voll sind oder der „War for Talent“ immer stärker tobt. Dafür liegen die leidvollen Erfahrungen aus der Wirtschaftskrise noch nicht lange genug zurück. Ein Kandidat muss schon glaubhaft verkaufen können, dass er eine gute Investition ist.
Deshalb: Wer anspruchsvolle Forderungen stellt – realistisch müssen sie so oder so sein –, braucht gute Argumente. Punkten lässt sich mit Spezialkenntnissen oder -fähigkeiten, die für den diskutierten Job gebraucht werden: je passgenauer, desto wertvoller.
>>> Ich werde nach Tarif bezahlt. Kann ich trotzdem individuell um mehr Gehalt verhandeln?
Aber klar doch. Gerade in den ersten Berufsjahren, in denen noch viele als Fachkraft eingesetzt und per Tarif bezahlt werden, sind außertarifliche Zulagen nicht unüblich. Darüber hinaus geht es auch immer darum, in welche Tarifgruppe jemand mit seinen Qualifikationen und Erfahrungen einsortiert wird. Da besteht durchaus Verhandlungsspielraum bezüglich der Eingruppierung, aber auch in Bezug auf außertarifliche Zulagen und leistungsbezogene Vergütungsbestandteile. Später, wenn der Aufstieg ins Führungskräftelager erfolgt, wächst man meist aus dem Tarif raus und muss das Gehalt komplett dann sowieso selbst verhandeln.
>>> Wie oft darf ich nach einer Gehaltserhöhung fragen?
Suchen Sie das Gespräch mit dem Chef regelmäßig – Pi mal Daumen alle ein bis zwei Jahre –, aber nur, wenn es tatsächlich etwas zu belohnen gibt. Wer nur Durchschnitt abliefert, hat keinen Nachschlag verdient.
Denken Sie daran: Gehaltsverhandlungen sollen nicht nur mehr Geld bringen, sondern dienen auch der Leistungskontrolle, der Positionsbestimmung und nicht zuletzt der Imagebildung.
Ulrike Heitze