Weiterbildung - Lernen lohnt
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Mehr Geld, mehr Sinn, mehr Sicherheit — es gibt viele gute Gründe, sich weiterzubilden. So finden Sie das passende Angebot.
Windparks bauen statt Damenwäsche zu vermarkten – mit der richtigen Weiterbildung hat Frank Philipp gerade frischen Wind in seine Karriere gebracht. Für das Kasseler Ingenieurbüro Cube Engineering plant er seit Mitte 2011 Windkraftanlagen auf der ganzen Welt. Dabei kommt er eigentlich aus einer ganz anderen Branche: Vor dem Jobwechsel hat er sich bei Triumph als Projektmanager für Neue Medien mit Web 2.0-Strategien und Marketing-Tools befasst. Zum Wäschekonzern kam der studierte Bauingenieur während seines Studiums an der TU München. „Als Werkstudent habe ich dort in der Marketing-Abteilung gejobbt“, sagt er. Nach dem Diplom bot man dem Zahlen- und Technik-Profi eine Festanstellung im Online-Marketing an: „Ich fand das Thema damals ganz spannend und habe zugesagt“, erzählt Philipp. Doch im schnelllebigen Modegeschäft fehlte ihm irgendwann die Nachhaltigkeit. „Ich wollte meine Ener-gie und mein Wissen lieber für etwas wirklich Nützliches einsetzen“, sagt der 38-Jährige. 2009 wagte er den Schnitt und schrieb sich für ein zweijähriges Weiterbildungsstudium zum Master of Renewable Energy and Energy Efficiency an der Universität Kassel ein. Als Fachmann für Erneuerbare Energien hat er direkt nach dem Abschluss den perfekten Job gefunden: Zum einen ist Öko-Strom viel nachhaltiger als Bikinis – zum anderen sind die Perspektiven am Arbeitsmarkt hervorragend.
Einen Jobwechsel vorbereiten, die Karriereleiter weiter hochklettern, interessante neue Aufgaben bearbeiten oder die langfristigen Beschäftigungschancen durch frisches Wissen absichern – für berufliche Weiterbildung sprechen viele gute Gründe. Auch wer nicht gleich wie Frank Philipp einen kompletten Kurswechsel plant, sollte fachliche Kenntnisse und persönliche Fähigkeiten regelmäßig updaten. In den meisten Berufen ist lebenslanges Lernen heute unumgänglich. Wer sich stets auf dem aktuellen Stand hält, bleibt beschäftigungsfähig, kann nach einem Jobverlust oder einer Familienpause schneller wieder anknüpfen und seine Karriere vorantreiben.
Vielen Berufstätigen ist das bereits bewusst: Rund 42 Prozent der Erwerbsbevölkerung (18 bis 64 Jahre) nehmen jährlich an mindestens einer Weiterbildungsmaßnahme teil, belegt der deutsche Adult Education Survey AES, eine für das Bundesbildungsministerium regelmäßig durchgeführte Umfrage zu den Weiterbildungsaktivitäten in Deutschland. Besonders aktiv sind danach die ohnehin schon gut ausgebildeten Fachkräfte mit Abitur. Unter ihnen bilden sich fast 60 Prozent jährlich weiter. Auch mit zunehmender Berufserfahrung steigt die Bereitschaft zum Büffeln an: In der Altersgruppe ab 35 Jahre nimmt laut AES knapp jeder zweite an jährlichen Weiterbildungsmaßnahmen teil, bei den Jüngeren sind es dagegen erst rund 40 Prozent.
Die Zahlen belegen: Die Konkurrenz schläft nicht. Wer den Jobeinstieg erfolgreich bewältigt hat, sollte selbstkritisch prüfen, in welchen Bereichen Fachwissen, Softskills oder praktische Fertigkeiten weiter ausbaufähig wären. In größeren Unternehmen sind solche Qualifizierungsziele meist fester Bestandteil der Jahresgespräche. Falls der Vorgesetzte das Thema nicht von selbst anschneidet, sollten Sie also selbst aktiv das Gespräch suchen – natürlich nicht, ohne sich vorher gut vorzubereiten.
Den Chef überzeugen
Weiterbildung kostet Zeit und Geld. Wer sich hier Unterstützung vom Chef sichern möchte, braucht die richtigen Argumente. Also nicht: Warum wollen Sie diesen tollen Kurs besuchen? Sondern: Was hat die Firma davon, wenn Sie sich auf einem ganz bestimmten Gebiet weiterbilden? Bevor Sie das Thema Weiterbildung auf den Verhandlungstisch bringen, definieren Sie also zunächst Ihren konkreten Weiterbildungsbedarf: Muss für den aktuellen Job etwas Neues gelernt werden, um weiter gute Arbeit zu leisten – beispielsweise, weil sich Produktionsprozesse ändern, ein neues IT-System eingeführt wird oder ein ganz neuer Absatzmarkt erschlossen werden soll? Möchten Sie bald Ihre erste Führungsaufgabe übernehmen und sich dafür rechtzeitig wappnen? Wer beispielsweise eine Position als Team- oder Projektleiter anstrebt, sollte sich rechtzeitig erforderliche Zusatzqualifikationen wie Präsentationstechnik, Personalführung, Konflikt- oder Risikomanagement aneignen. Auch spezifische Rechtskenntnisse oder Wirtschaftswissen sind hier oft sinnvoll.
Steckt die Firma oder die Branche gerade in einer Umbruchphase, kann Ihnen eine Qualifikation zum Change Manager wichtige Karriere-Pluspunkte einbringen. Oder wollen Sie lieber die Spezialistenrolle einnehmen? Dann sollten Sie Ihr Fachwissen aus dem Studium unbedingt regelmäßig auffrischen, zum Beispiel durch ein Weiterbildungsstudium oder auch im Rahmen eines Forschungsprojekts. Branchenspezifische Zertifikate (SAP-Experte, Sparkassenbetriebswirt, Energiemanager) steigern zudem den Marktwert. Das zahlt sich für Sie spätestens beim nächsten Job-Wechsel auf dem Gehaltszettel aus – aber auch Ihre Firma profitiert, wenn sie nachweislich hochqualifiziertes Personal zum Kunden schickt.
Jetzt wissen Sie, was Sie (noch) nicht wissen. Im zweiten Schritt, klären Sie nun, wo Sie es am besten lernen können. Wie und wo Sie das benötigte Wissen erwerben, hängt zunächst maßgeblich vom Lernstoff ab. Verkaufs- oder Präsentationstechniken üben Sie beispielsweise sinnvollerweise in der Gruppe. Sprachen oder Software-Schulungen eignen sich dagegen auch als Online-Kurs, den Sie alleine vor dem PC absolvieren können.
In vielen Firmen erfreut sich gerade das E-Learning steigender Beliebtheit, denn es lässt sich flexibel in den Berufsalltag integrieren und verursacht keine Reisekosten. Anspruchsvolle Lernspiele – sogenannte Serious Games – erlauben zudem Krisen- und Notfalltrainings oder Trockenübungen im Management von Großprojekten, und zwar ohne dass echter Schaden entsteht. Die Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Deloitte schult beispielsweise angehende Projektleiter mit dem Online-Spiel Sharkworld, bei dem Sie in Shanghai ein großes Hai-Aquarium errichten müssen.
Schulungen und E-Learning-Angebote der eigenen Firma sind in der Regel der erste und einfachste Schritt zu mehr Wissen. Externe Präsenz-Seminare, Kurse und Trainings bieten dagegen die Möglichkeit zum persönlichen Austausch. Als Teilnehmer haben Sie die Chance, Kollegen aus anderen Unternehmen oder Branchen kennen zu lernen und so Ihren persönlichen Horizont und Ihr berufliches Netzwerk zu erweitern.
Je komplexer und anspruchsvoller die Inhalte, desto wichtiger ist zudem die persönliche Unterstützung durch professionelle Trainer und Kursleiter, die Ihre Fragen beantworten und Ihnen die Zusammenhänge erklären. Möglicherweise sind auch bestimmte Maschinen oder Geräte für Ihre persönliche Weiterbildung erforderlich. Wer beispielsweise als Kraftwerksingenieur seine Kenntnisse über Offshore-Windparks vertiefen möchte, muss raus aus dem Büro.
Beruf und Weiterbildung kompatibel machen
Als Kursteilnehmer sind Sie an feste Zeiten und Veranstaltungsorte gebunden. Zusätzlich zu den Kursgebühren entstehen Reise- und Übernachtungskosten. Außerdem müssen Sie sich mit Ihrem Chef und den Kollegen abstimmen, wenn Sie aufgrund einer Weiterbildungsmaßnahme nicht ins Büro kommen können. In den meisten Bundesländern stehen Ihnen zwar für berufsbezogene Weiterbildung pro Kalenderjahr fünf Tage bezahlter Bildungsurlaub zu. Doch der Rechtsanspruch nützt wenig, wenn der Kurstermin mitten in die heiße Phase des superwichtigen Entwicklungsprojektes fällt. Um Ihren Chef zu überzeugen, präsentieren Sie deshalb am besten alternative Termine zur Auswahl und besprechen vorab mit Ihren Kollegen, wer Sie wann gegebenenfalls vertreten kann.
Diplomatie und Organisationstalent sind erst recht gefragt, wenn Sie zurück an die Uni wollen: Immer mehr staatliche Hochschulen bieten inzwischen auch hochkarätige, berufsbegleitende Programme an. Dazu kommen rund ein Dutzend auf Teilzeit-Studenten spezialisierte private Anbieter wie die Akad Hochschulen, die Deutsche Universität für Weiterbildung, die Europäische Fernhochschule Hamburg, die Hochschule für Ökonomie und Management FOM oder die SRH Fernhochschule. Hier ist das Studium oft besonders passgenau auf die Bedürfnisse Berufstätiger zugeschnitten, beispielsweise durch besonders flexible Curricula und zusätzliche Prüfungstermine. Ergänzend zu Büchern und Vorlesungen werden zunehmend Handy-Apps, Blogs oder E-Learning eingesetzt.
Das akademische Weiterbildungsangebot reicht von mehrmonatigen Zertifikatskursen – zum Beispiel zu aktuellen Managementthemen wie Change Management, Compliance oder Wissensmanagement – bis hin zum kompletten Master-Studium. Speziell an den Führungsnachwuchs wenden sich MBA-Studiengänge (Master of Business Administration), die grundlegende Management-Kompetenzen vermitteln und bei Bewerbern stets erste Berufserfahrung voraussetzen. Das ist oft gar nicht so teuer, wie es klingt: MBA-Programme werden inzwischen nämlich nicht nur an renommierten privaten Business Schools im In- und Ausland angeboten, sondern zunehmend auch an staatlichen Fachhochschulen in ganz Deutschland.
Wer nicht gleich in die oberste Führungsetage eines internationalen Konzerns aufsteigen, sondern für den nächsten Karriereschritt vor allem sein Wirtschaftswissen aufpolieren will, der findet bei der staatlich bezuschussten FH nebenan oft ein besonders attraktives Preis-Leistungsverhältnis. Durch die räumliche Nähe zu Wohnort und Arbeitsplatz ist das FH-Studium zudem oft einfacher zu organisieren als in einer teuren Metropole. Wer sich für ein berufsbegleitendes Studium interessiert, sollte sich vorab an der Hochschule seiner Wahl gründlich beraten lassen: Wann, wie oft und wo finden Präsenzphasen statt? Wie flexibel sind die Prüfungstermine? Sind Exkursionen oder Auslandsaufenthalte vorgesehen? Wieviel Zeit ist für wöchentliches Lernen, für Studienarbeiten und Prüfungsvorbereitungen einzuplanen? Um die Doppelbelastung zu packen, brauchen Sie Rückhalt und Verständis zuhause und bei Ihrem Team in der Firma.
Wer so wie Frank Philipp ohnehin zu neuen Ufern aufbrechen möchte, kann sich natürlich auch eine Pause vom Berufsleben gönnen und Vollzeit an die Uni zurückkehren. So lässt es sich unbelastet von beruflichem Stress lernen. Auch längere Auslandsaufenthalte sind drin: Frank Philipp hat zum Beispiel ein Semester in Kairo absolviert und für seine Masterarbeit in Syrien geforscht. Ganz nebenbei hat er so noch sein Englisch verbessert und sich zumindest „Taxi-Arabisch“ angeeignet. Stipendien oder zinsgünstige Bildungskredite helfen bei der Finanzierung. In wissensintensiven Branchen, beispielsweise bei Beratungs- und Prüfungsgesellschaften, ist es sogar durchaus üblich, dass Mitarbeiter für ein Master- oder Promotionsstudium bei reduziertem Gehalt freigestellt werden. Doch auch wer wie Frank Philipp kündigt, hat gute Karten: Mit der richtigen Weiterbildung stehen viele Türen offen.
Kirstin von Elm
Diese Fragen führen
zum passenden Angebot:
Prüfen Sie zunächst das Angebot Ihres eigenen Unterehmens. Welche Kurse werden angeboten und für wen? Bestehen Kooperationen mit bestimmten Bildungsanbietern?
Wenn Sie externe Angebote einholen, achten Sie auf folgende Kriterien:
Inhalte: Was genau wird vermittelt? Gibt es ein detailliertes Programm/Curriculum? Können Sie eigene Lernschwerpunkte setzen? Ist das Angebot relevant für Ihren Job/Ihre Branche?
Zielgruppe: An wen wendet sich der Kurs? Welche Vorbildung/Berufserfahrung wird vorausgesetzt? Woher kommen die Teilnehmer? Wie groß sind die Klassen?
Dozenten: Werden die Kursleiter vorab persönlich vorgestellt? Welche Ausbildung haben sie? Welche praktische/pädagogische Erfahrung können Sie vorweisen?
Kosten: Fallen zusätzlich zu den Kursgebühren weitere Kosten an, beispielsweise für Unterkunft & Verpflegung, Unterrichtsmaterial, Exkursionen, Anmelde- oder Prüfungsgebühren?
Finanzierungshilfen: Ist der Kurs als Bildungsurlaub zugelassen? Können Sie dafür einen Bildungsgutschein einsetzen? Gibt es Rabatte oder Stipendien, beispielsweise über Branchenverbände, Gewerkschaften, Stiftungen, Begabtenförderung? Zahlt die Firma Ihnen einen Zuschuss?
Abschluss: Führt der Kurs zu einem offiziellen Titel oder Abschluss? Gibt es eine Abschlussprüfung? Wie sehen die Durchfallquoten aus?
Referenzen und Gütesiegel: Unterzieht sich der Anbieter regelmäßigen Qualitätskontrollen durch unabhängige Instanzen? Gibt es Test- oder Erfahrungsberichte? Ist er bereit, persönliche Referenzen zu benennen?